Dass das System Hartz 4 in seiner jetzigen Fassung absolut gescheitert ist, ist bereits seit 15 Jahren bekannt. Anstatt dieses System schon damals zu reformieren, trug man es weiter vor sich hin. Dafür verantwortlich war die Partei, die heute eine Reform gemäß Entwurf verhindert. Durch das System ist man gezwungen jede noch so wirklich unzumutbare Arbeit anzunehmen, da man sonst mit Sanktionen zu rechnen hat. Hier wird nicht auf Bildung gesetzt, sondern Hauptsache aus dem Bezug raus. Dass man dadurch aber unter Umständen nur mit Hartz 4 aufstocken muss, ist dabei unerheblich. Denn die Statistik ist poliert, macht sich gut und man kann sagen: So viele Menschen sind nun in Arbeit. Absolute Spitze, wenn man diese Statistiken besser begutachtet, findet man aber die Wahrheit. Denn als 'in Arbeit' gelten Leistungsempfänger, die sich gerade in einer Maßnahme befinden. Als 'in Arbeit' gelten diejenigen, die aufstocken müssen und es dennoch nicht bis zum Monatssende reicht.

Will man sich heute weiterbilden und auf dem zweiten Bildungsweg etwas tun, um attraktiver für den Arbeitsmarkt zu sein darf man sich vom Jobcenter anhören, dass das nicht zielführend sei und man sich um eine Arbeitsstelle bemühen soll. Wäre es aber nicht einfacher eine gute Arbeit zu finden, wenn man sich durch einen besseren Bildungsstand auf mehr offene Stellen bewerben könnte, die eine Arbeitsaufnahme durchaus leichter machen würden. Insofern sollte man dafür Sorge tragen, dass wir es möglich machen jedem eine gute und gerechte Ausbildung zu ermöglichen, was aber mit diesem System nicht gegeben ist.

Darüber hinaus ist eines der größten Probleme und dafür kann niemand die derzeitige Regierung verantwortlich machen, die Bildung. Dazu zitiere ich gerne Frau Stark-Watzinger: "Wenn sich herausstellt, dass die Leistungen unseren Grundschüler seit mehr als zehn Jahren immer schlechter werden. [...]''

Mitunter kann dafür eindeutig Hartz 4 verantwortlich gemacht werden. Wer gut betucht ist, der schickt sein Kind in die teure Schülerhilfe. Die machen dann ein gutes Abitur, gehen studieren und schon wieder ein Handwerker weniger. Ändert aber nichts daran, dass bereits 1/5 aller Kinder nicht mal mehr den Standard beim Lesen und Rechnen erreicht. Im Umkehrschluss lässt sich also beobachten, dass wir ein selbstgemachtes Problem weiterhin unbeachtet lassen, Menschen die irgendwann in der Lage gewesen sind hart zu arbeiten und sich eine Rücklage zu bilden - diesen nicht gönnen können - weil das wäre ja unfair , aber im gleichen Zug verlangen, dass man alles mit sich machen lassen muss, ist wirklich ein hartes Stück. Schaut man sich an, wie viele Menschen in Deutschland (Muttersprachler) heute nicht mehr in der Lage sind richtig Lesen und Schreiben zu können, so wäre es nur folgerichtig dafür zu sorgen, dass man Kindern die in ärmeren Verhältnissen leben - die nichts dafür können - nicht nur die Möglichkeit gibt, wieder einen guten Bildungsstand zu erwerben, sondern auch die Teilhabe am normalen Leben zu ermöglichen.

Was bedeutet das konkret:
Von einem Hartz-4 Regelsatz ist keine Familie in der Lage mit dem Kind ordentlich eine Freizeitgestaltung durchzuführen, da es wirklich auf jeden Cent ankommt. Auch eine Änderung und Erhöhung des Regelsatzes durch Bürgergeld, wird dieses Problem nicht beseitigen. Im Gegenteil - die Erhöhung von 53€ ist gerade einmal der Inflationsausgleich, welcher so hoch ist, wie noch nie. Wenn die Butter 3,99€ kostet, haben wir etwas falsch gemacht. Bereits am Beispiel der Butter wird deutlich, dass durch Hartz 4 auch Bereiche wie eine gesunde Ernährung nicht beigebracht werden können, was dann zwangsläufig zum nächsten Problem führt - Gesundheit. Etwa jedes sechste Kind ist in Deutschland übergewichtig oder adipös. Bei den 11-13 Jährigen sogar schon jedes fünfte. Dass dies im Umkehrschluss noch mehr gesundheitliche Folgen auslösen kann und unser Gesundheitssystem belastet, sollte jedem klar sein, der sich mit diesem Thema annähernd auseinander setzt. Wer nun also die Argumente aufführt, dass der Arbeitnehmer ja das Leben des Leistungsempfängers bezahlt und auch seine Gesundheitsvorsorge mag zwar mit dem Punkt der Bezahlung recht behalten, aber verkennen, weshalb er selbst daran Schuld ist. Und ja, ich erlaube mir genau solchen Menschen die Schuld dafür zu geben. Denn bis auf wenige Ausnahmen sind es genau diese Menschen, die Hartz 4 Empfänger auf eine Art und Weise abwerten, die einfach nur ekelhaft ist.

Wenn Personen die keine Ahnung haben, wie es sich als Leistungsempfänger lebt, genau diese verurteilen - dann ist irgendwas verkehrt gelaufen. Ich mag nicht bestreiten, dass es Menschen gibt, die das ausnutzen und sich durch Betrug ein gutes Leben machen und dafür nicht arbeiten gehen. Allerdings haben wir hier bereits das Wort - Sozialleistungsbetrug - dafür gibt es wiederum Stellen, die dafür Sorge zu tragen haben, dass das eben nicht passiert. Was geschieht stattdessen, es werden alle Leistungsempfänger über einen Kam gescherrt. Ich habe zwar einige Punkte eingebracht, die vielleicht im ersten Moment nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben - aber genau da fängt es wieder an - es hat etwas damit zu tun, denn das ist der Teufelskreis. Bildung ist die Lösung dafür, dass wieder mehr Menschen in Arbeit kommen und ihr Leben nicht durch staatliche Hilfen bestreiten müssen und wirklich nur die, die nicht anders können als in einer Grundsicherungssituation leben zu müssen, damit leben. Eine Grundsicherung bedeutet aber nicht, dass wir diese Menschen in Armut leben lassen müssen.

Durch die Komponente Menschen müssen in Arbeit gehen, statt sich um eine Ausbildung bemühen zu können, sorgt dafür, dass wir weiterhin eine prekäre Arbeitsmarktsituation haben. Insofern wäre es fatal, wenn man weiterhin nur darauf schaut wie unfair die Reform wäre, sondern eher versuchen jetzt noch eine Wende zu erreichen die es ermöglicht, dass wir in 30 Jahren selbst den Großteil der Fachkräfte stellen können und es keine Unterschiede macht, ob jemand auf dem Land oder in der Großstadt lebt. Denn so können wir eine Vernetzung erreichen, die wirklich überall auch hin reichen wird. Machen wir mit dem bisherigen System weiter, dann können wir nur noch zusehen, wie sich unser Land zurückbildet. Wer soll die Infrastruktur aufbauen, wenn wir keine Fachkräfte haben, die dafür ausgebildet wurden entsprechende Dinge in die Tat umzusetzen.

Um nochmal klar und deutlich zu machen, weshalb wir gerade jetzt und heute mehr auf die Bildung setzen müssen und das Bürgergeld genau das ermöglicht zitiere ich aus dem Gesetzesentwurf:

Zitat:
Im August 2022 erhalten rund 5,4 Millionen Menschen in Deutschland Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende. [...] Dazu gehören Langzeitleistungsbeziehende, Alleinerziehende, Menschen ohne Schul- oder Berufsabschluss, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen, Geflüchtete, aber auch Beschäftigte und Menschen, die vorübergehend hilfebedürftig sind.
Wie kann das sein. Hartz 4 soll doch dafür Sorgen den Anreiz zu schaffen, dass Menschen arbeiten gehen wollen? Warum müssen also genau solche Menschen nun auch auf Hilfe der Grundsicherung in Anspruch nehmen, das dürfte nach der Logik gar nicht passieren.

Zitat:
Die Jobcenter unterstützen zielgerichtet die rund 3,8 Millionen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten bei der Arbeits- und Ausbildungsmarktintegration.
So sollte es sein, aber ist es nicht. Und davon können viele Leistungsbezieher berichten.

Zitat:
Der Arbeitsmarkt ist insgesamt in einer guten Verfassung. Die Zahlen zeigen aber auch, dass Langzeitarbeitslose von dieser positiven Entwicklung oft nicht profitieren können. Hinzu kommt, dass die COVID-19-Pandemie den strukturellen und digitalen Wandel in der Arbeitswelt noch einmal beschleunigt hat,
wodurch Menschen ohne Berufsabschluss noch geringere Chancen auf eine nachhaltige
Integration in Arbeit haben.
Es wird also genau die Reform verhindert, die es vielleicht schaffen könnte genau diese Menschen aus dem Bezug zu holen, weil sie Möglichkeit bekommen sich entsprechend weiterzubilden und so wieder attraktiv für mögliche Arbeitgeber zu sein. Paradox. Denn genau folgendes ist enthalten:

Zitat:
Die Einführung des Bürgergelds begründet eine bedeutende sozialpolitische Reform: Menschen im Leistungsbezug sollen sich stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitsuche konzentrieren können, die Potenziale der Menschen und die Unterstützung für eine dauerhafte Arbeitsmarktintegration sollen stärker im Fokus stehen.


Dies nur einige Punkte aus zwei Seiten Gesetzesentwurf, welcher insgesamt 148 Seiten hat.

Zitat:
Lebenslauf mit ständigen Jobwechsel ist meist auch eher negativ.
Karrierecoaches sehen das anders. Man sollte um beruflich weiterzukommen alle drei bis fünf Jahre seinen Job intern oder extern wechseln. Gerade dadurch hat man die Möglichkeit, dass man seine Arbeitskraft nicht unter Wert verkauft, weil man so auf diverse Erfahrungsbereiche zurück blicken kann und diese entsprechend auch gewinnbringend für den neuen Arbeitgeber einsetzen kann. Wer allerdings über Jahrzente im selben Unternehmen bleibt nimmt sich selbst die Chance, auf Basis seines Können sein Gehalt entsprechend seiner Leistung nach oben hin zu bessern. Wer aus Angst seinen Job zu verlieren seine Arbeitskraft unter Wert verkauft, sollte nicht Leistungsempfängern dafür die Schuld geben, denn die trägt man ganz alleine.
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Honey, you should see me in a crown.