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Intri - #2233982 - 10.05.2011, 17:14:30
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Warnung! Spoiler!
In der Gefahr, dass es totgezickt und eingestampft wird. Hab mal ne Weile "Fanart" zu Tales from the crypt gemacht, das ist so in der Art, nur ... kindgerechter. Ohne nenneswerten Blutgehalt also.


Intri war diesen Weg schon viele Male gegangen, doch zum ersten Mal war sie irgendwie... nervös - was für jemanden wie sie absolut untypisch war. Immerhin war sie eine anthropomorphe Personifizierung, etwas woran die Menschen so sehr glaubten, dass es früher oder später Gestalt annehmen musste. Blonde Haare, lange Beine, etwaige Kurven an den entsprechenden Stellen, und ein Gesicht, das die wenigsten Betrachter erwartet hätten, abgesehen vom Höllenfeuer, das die Stelle der Pupillen eingenommen hatte. Eine dicke Brille, wie Sekretärinnen sie trugen, vervollständigte das Bild.

Wie immer hatte sie das Portal in die Unterwelt geöffnet, alle Lügen, ob groß, ob klein, konnten das. Mit anthropomorphen Personifizierungen verhielt es sich einfach: Die Menschen mussten zuerst an die kleinen Lügen des Diesseits glauben, wie den Osterhasen, die Redefreiheit oder den Wirtschaftsaufschwung, damit sie an die großen Lügen glauben konnten: Liebe, Ehre, Treue und Glück. Intri war praktisch... die Vorgesetzte der kleinen Lügen, und die großen kümmerten sich andere Gehaltsstufen. Meistens bestand ihre Aufgabe darin, falsche Informationen weiterzuleiten und zu hoffen, dass nun eben dadurch schlimme Dinge geschehen würden.
Hinter dem Portal erhoben sich Schluchten aus Knochen und Gebeinen, dazwischen nahmen Flüsse aus Lava und gequählten Seelen ihren Lauf. Der Himmel, nein, das was sich über der Hölle ausdehnte, erinnerte an Nebel, nur dass er eben versuchte so schwarz und unheimlich wie möglich zu sein, was ihm recht gut gelang, fand Intri. Und als hätte die Hölle selbst ihre Ankunft erwartet, erhob sich ein Weg aus Skelletten, der sie direkt in die Burg des Teufels führte. Burg war das Wort, was dem am nächsten kam, was sich nun vor ihr auftat: Ein klingenstarrender Berg aus erstarrter Lava, hier und da stürzte sich ein mutiges Bächlein flüssigen Gesteins aus dem Gemäuer. Die aufgespießten Totenköpfe waren teilweise noch recht gut erhalten, so dass man ihre einstigen Besitzer noch erahnen konnte. Ihre Blicke folgten jedem, der es bis hierher wagen sollten. Intri wollte lieber nicht darüber nachdenken. Stattdessen überlegte sie, warum sie hierunter zitiert worden war. Ob er mich wohl lobt, wie bei der Doktorarbeit von diesem... Putenberg oder so, grübelte sie, oder als ich den Menschen die Bürokratie geschenkt habe...
Intris größte Leistung jedoch war die Auslieferung von Gottes Sohn Jesus Christus. Sie hatte Judas, ihren besten Mann zu dieser Zeit, darauf angesetzt und siehe da... die Sache lief bestens, sie lief sogar so gut, dass auf dem Grab des besiegten Feindes ihr Name stehen sollte. Dummerweise verschrieb sich derjenige, er vergaß das "t". Eine blöde Sache. Intri hatte sich Jahrhunderte lang beklagt, doch bisher ohne Erfolg.

"Satan?" rief sie, als sie den Thronsaal erreicht hatte. Er füllte selbstverständlich die ganze Burg aus, ein gewaltiger Stuhl aus Knochen und Feuer dominierte das Bild. Nur vom Hausherren fehlte jede Spur. "Satan? Ich bins, Intri! Du wolltest mich sprechen." Zuerst antwortete nur das Echo brennender Seelen, doch dann... brach der Vulkan aus und ER materialisierte sich aus der Lava, direkt auf dem Thron. Satan war ein Riese, er schien selbst aus flüssigem Stein zu bestehen. Zwei massive schwarze Hörner prangten auf seinem massigen Stierkopf. Eine Stimme wie Donner, der direkt im Kopf ertönt, gemischt mit klirrenden Eiszapfen, ließ den Boden erzittern.

ENTSCHULDIGE. ICH WAR BADEN. SCHÖN DASS DU ES EINRICHTEN KONNTEST. EINEN DRINK?
"Äh. Nein. Ich... bin sehr beschäftigt, wie du vielleicht weißt und..."
JA. DIE BÜROKRATIE. DIE DEMOKRATIE. DAS HAST DU FEIN GEMACHT. Ebenfalls aus Lava formte sich in seiner riesigen Pranke ein Trinkgefäß... in Gestalt eines Schädels. AH. JAG MARCELS, DAS EINZIG WAHRE HÖLLENGESÖFF. 666% ALKOHOL, DAS SOLLEN DEINE MICKRIGEN MENSCHEN ERSTMAL NACHMACHEN.
"Satan, ich..."
Er trank und warf dabei den Kopf in den Nacken. UAGH! LECKER. ABER VON GRABSOSSE LÄSST SOGAR DER TEUFEL DIE FINGER WEG. VON WEGEN FLIEGEN IN DER NOT...
"SATAN!"
NATÜRLICH. ENTSCHULDIGE. DU MUSST ETWAS FÜR MICH WEITERLEITEN. DAS KANNST DU JA. Selbstverständlich trug Satan ihr nur das Gegenteil von dem auf, was am Ende herauskommen sollte, immerhin kannte er seine Angestellten. AN DEN KÖNIG DER MENSCHEN...
"Du meinst Präsidenten."
WAS?
"Präsident. Menschen haben keine Könige mehr, sie wählen Präsidenten."
OH JE, WER LÄSST SICH DENN SO EINEN SCHEIß EINFALLEN? ALSO ICH FIND DAS ZIEMLICH UNNÖTIG...
In diesem Moment stolperte ein kleiner deformierter Dämon herein und rief: "Satan! Satan! Euer Abscheulichkeit..."
IST ES WIEDER ZEIT? OH JA! HEREIN MIT IHM!
Langsam entnervt drehte sich Intri um und fragte halb über die Schulter: "Zeit für was...? Oh."
Adolf Hitler wurde in einem braunen Tütü an einer Eisenkette hereingeführt. Selbst in der Hölle bestand man darauf, dass die Ehrengäste einen Rest an Würde wahren sollten. DIE ANANAS ODER LIEBER DEN KAKTUS?
"Den Kaktus... mein Führer" knurrte der Gefangene wie jemand, der genau wusste, dass ihn etwas schreckliches erwartete, das absolut unausweichlich war.
GUTE WAHL. GESTERN WAR ES DIE ANANAS. SONST WIRD ES JA LANGWEILIG... DU KENNST DIE PROZEDUR, BÜCK DICH BITTE. JA. SO IST ES GUT.
Ein markerschütternder Scherzensschrei erschütterte die Hölle, kurz darauf wurde ein wimmerndes braunes Häufchen Elend aus der Burg geschleift.
WO WAREN WIR...
"Ich sollte etwas weiterleiten."
JA. DAS KANNST DU. IMMERHIN BIST DU DIE INTRIGANZ. ALSO...

Und so verriet Satan dem kleinen blonden Mädchen... den falschen Aufenthaltsort von Osama bin Laden. Intri verließ erleichtert, dass alles gut gegangen war, die Hölle und kehrte in die Welt der Sterblichen zurück. Kurz darauf überschlugen sich die Medien in ihren Berichterstattungen... und Adolf blieb bis auf weiteres von Kaktus und Ananas verschont...

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Re: Intri [Re: ] - #2234795 - 11.05.2011, 18:45:32
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Intri 2

"Du weißt, warum du hier bist." Es klang mehr nach einer Frage, obwohl es viel mehr eine Feststellung des Offensichtlichen war. Ihr gegenüber wirkte leicht nervös, oder es lag daran, dass sein Blick ihre Augen leicht verfehlte. Intri erschien Sterblichen immer als attraktive blonde Jungfer, das Bild erfüllte meistens seinen Zweck. Außerdem stellten sich die Menschen so die Intriganz vor. Wer war sie, dass sie ihnen diesen Wunsch nicht erfüllte...
"Ja. Du hast einen Auftrag für mich." Auch das klang mehr nach einer Frage als einer Äußerung von Gewissheit. Intri beschloss, zur Sache zu kommen.
"Du begibst dich mit deinem Werkzeug zum Grabe von Jesus Christus und schreibst meinen Namen darauf. Ich nehme an, ich kann mich auf dich verlassen, wenn man die Bezahlung bedenkt." Sie warf ihm einen Beutel zu, in dem es metallisch klimperte, den er mit Freuden auffing. Sie sprach zu Sterblichen gern von oben herab, so verlangte es die Ehre einer Lüge. Er nickte eifrig. "Geh."

Er ging. Die Sonne brannte heiß auf die Steppe von Jerusalem, und der Wind brachte statt Kühle schneidenden Sand mit sich. Irgendwie war die Hübsche an den Aufenthaltsort des Grabes gekommen, einer Höhle abseits der Karawanen. Doch zuerst musste er auf den Grabhügel, wo noch das Kreuz stand, an dem der angebliche Sohn Gottes gestorben war. Die Leichen, zwei Übeltäter wurden mit ihm gekreuzigt, waren weggeschafft worden. Nur Blutspuren und der zertampelte Boden erinnerten an das Ereignis. Aber schließlich war er zum Arbeiten hier!
Geübt zückte er sein Werkzeug und fing an, INTRI in das Kreuz Jesu zu schlagen. Zuerst das I, das N...
"David?" Eine junge weibliche Stimme lenkte ihn ab und riss ihn jäh aus seiner Konzentration.
"Katharina. Ich arbeite! Wieso bist du nicht zu Hause und..."
"Du..." sie schluchzte, "du warst plötzlich weg und ich war so alleine und und und... ich bin dir gefolgt!" plapperte die Kleine. "Ich... hab mein Bruderherz vermisst!"
Er seufzte. "Ich arbeite. Es ist wirklich wichtig, ja? Warte da drüben. Ich bin ja gleich fertig."
"Gut." Mit leisem Schniefen trottete das Mädchen zu einem großen Stein und ließ sich darauf nieder. Wo war er nur stehen geblieben? Wie hieß diese blonde Schönheit noch einmal, bei der er jedes mal das Gefühl hatte, sie würde ihm mit ihrer bloßen Stimme das Herz aus der Brust schneiden...
"Na bestens." R und I. Fertig. "Gehen wir, geliebte Schwester.

Als die Geschwister in Richtung Jerusalem in der Ferne kleiner wurden, fragte sie: "Bist du jetzt eigentlich ein Grabräuber, Brüderchen?"
"Ja... ja. Das bin ich jetzt wohl. Aber wen kümmerts... der Kerl wird ja wohl kaum wiederauferstehen, um sich zu beklagen."

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Re: Intri [Re: ] - #2242858 - 24.05.2011, 22:20:35
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Intri 3

Intri fröstelte und zog den Mantel enger. Eigentlich dürfte sie nicht frieren, so etwas gehörte sich eigentlich nicht für anthropomorphe Personifizierungen. Die Menschheit schrieb das Jahr 1912, und sie stand am Bug eines Schiffes. Wenn sie sich umsah, konnte sie es sogar in Gänze bestaunen: vier gewaltige Schornsteine bliesen dichte Rauchsäulen in den Himmel. Immerhin hatte ihr Satan aufgetragen, das Schiff zu warnen, doch während sie seine Botschaft weiterleitete, kam es ihr so vor, ale wolle sie der Herr der Hölle auf den Arm nehmen: Der Horizont strotzte nur so vor Eisbergen, und der Kapitän hatte volle Kraft vorraus befohlen.
Aber es war nicht ihre Aufgabe, etwaige Gefahren zu bedenken, dafür trugen andere die Sorge. Ihre Aufgabe war es, Nachrichten weiterzuleiten, und das tat sie auch. Sie tat es gewissenhaft und anständig, denn sonst wäre sie wohl seit mindestens drei Jahrtausenden ihres Amtes enthoben worden.

Nachdem dieses frisch verliebte Päärchen endlich die Wärme der Kabinen gesucht hatte, konnte Intri endlich frische Seeluft schnappen. Sie war nicht oft an der frischen Luft gewesen, geschweige denn auf See. Meistens wurde sie ans Bermuda-Dreieck geschickt, wo Schiffe unglücklichweise... verschwanden.

Doch nun war sie an Bord dieses stolzen Schiffes und genoss den Salz in der Luft, der einen deutlichen, angemehmen Kontrast zum Schwefel der Hölle darstellte. Die Sonne hatte sich bereits hinter den Horizont verkrochen, und die Nacht brach sich die Bahn. Sie beschloss, sich im Krähennest, dem Ausguck des Schiffes, zu materialisieren.
Die beiden Matrosen dort schienen der Kälte ebenso anheim gefallen zu sein wie sie, denn sie schienen leicht blau um die Nase zu sein. Dennoch taten sie eifrig ihre Pflicht. Menschen, die nicht augenblicklich an die Intriganz glaubten, konnten sie auch nicht wahrnehmen, und so blieb sie stille Beobachterin.

"Ich glaub ich kann Eisberge riechen" meinte der Erste."
"Riechen. Soso. Wo ist eigentlich das Fernglas?" entgegnete der Zweite.
"Das hab ich das letzte mal in Southampton gesehen. Dumme Sache, hm?"
Der Zweite seufzte. "Du sagst es. Man erfindet sowas eben nicht nur aus Spaß. Aber zum Glück kannst du ja Eisberge riechen."
Sie schwiegen - und fröstelten - eine Weile schweigend. Bis...
"Hey..."
"Riechst du was?"
"Das ist kein Scherz.. Sieh mal da!"
"... Grundgütiger!" Er schlug wie wild auf die Alarmglocke ein. "EISBERG DIREKT VORRAUS! EISBERG DIREKT VORRAUS!"

Intri kauerte auf einem Eisberg, unweit des sinkenden Schiffes. Die Schreie hunderter ertrinkender Sterblicher drangen an ihr Ohr. Und ein Teil von ihr fühlte sich sogar schuldig...
"Tach, ick bin der Kalle." Ein kleiner Eisbär riss sie jäh aus ihren Gedanken. "Eh, wat bistn du für eene? Wie wärs mit uns zwee, hm hm hm?"
"Ich, äh..."
"Äh. Watt? Haste det jesehn oder wat? Alter Verwalter, det warn Schiff Junge Junge. Ich meine ick hab jewunken ne. Weeste, den Schuh zieh ick mir nisch an, ick meine ick winke, aber nisch hier tschüssikowsi, Hollywood wär da lang jewesen, aber weeste, ick meene, als Wasserleiche sieht er ja och nisch verkehrt aus de Leo ick meine..."
"Äh. Entschuldige mich."

Zwischen Zeit und Raum überdachte Intri den Sinn und Zweck ihrer Existenz...

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Re: Intri [Re: ] - #2253686 - 13.06.2011, 12:57:10
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Intri 4

"Du bist schuld, dass unser Kind so ist!"
"Ich? Schau dich an, du Säufer!"
Wieder dieser fürchterliche Traum. Ihre Eltern hatten sich oft gestritten. Ihre Mutter, die Ignoranz, und ihr Vater, die Verzweiflung, hatten sich seit ihrer Geburt nicht mehr verstanden. Antropomorphes Geschirr ging zu Bruch, und sie fing sich ein imaginäres blaues Auge ein, das sich viel zu real anfühlte. Erträumtes Geschrei und vorgestellte Handgreiflichkeiten. Der Alptraum eines jeden Kindes, ob real oder nicht...
Das Klopfen an der Tür riss sie jäh in die Realität zurück. Die Menschheit schrieb das Jahr 1933, sie befand sich in Deutschland. Der Raum war spärlich eingerichtet, an der Wand hing ein Bild von Satans neuem Schützling, Adolf. Komischer Mann, Intri mochte ihn irgendwie gut leiden. Wie sich herausstellte, hatten sie mehr gemein, als sie sich am Anfang hätte träumen lassen. Doch er war zu sehr auf seine Karriere fixiert, außerdem konnten antropomorphe Personifizierungen nur andere antropomorphe Personifizierungen heiraten, so wollte es das Gesetz des Glaubens.

Wieder kopfte es, diesmal wies die Art und Weise darauf hin, dass es das letzte Mal sein würde. "Frau Braun, es ist so weit. Sind Sie so weit? Man erwartet Sie bereits! Der Führer hat bereits zum dritten Mal nach Ihnen geschickt."
"Ich komme."
Damit schien sich die Ursache der Stimme, es mochte sich um Joseph handeln, zufrieden zu geben. Sie hörte, wie sich Schritte schwerer Stiefel entfernten. Sie hatte die Rolle seiner weiblichen Gesellschaft angenommen, um Satans Auftrag gewissenhaft ausführen zu können.

Ein Blick in den Spiegel war nicht nötig. Die Intriganz war stets in Gestalt einer hinreißenden Blondine in Sekretärinnenanzug und Minirock erschienen, eine dicke Hornbrille vervollständigte das Bild. Intri verließ den Raum und begab sich zur großen Halle. Überall wurde sie von Braununiformierten höflich gegrüßt. Angehörige von Partei und SS. Intri mochte keine Fingerpuppen, die nur Nachrichten weiterleiteten, im weitesten Sinne, sie waren nur Mittel zum Zweck. Außerdem wäre sie wohl als Königin gefeiert worden, wenn man gewusst hätte... dass sie die ganze Nacht heimlich damit verbracht hatte, Stimmzettel zu fälschen.

Endlich in der Halle angekommen machte man ihr Platz, und schließlich gesellte sie sich zu "ihrem Mann der Stunde."
"Da bist du ja endlich, Liebste. Gleich! Gleich ist es so weit." Er war unheimlich, vor allem wenn er sich auf etwas freute wie ein Kind am Christbaum.
"Ja!"

"Und mit eindeutiger Mehrheit neuer Reichskanzler ist Adol..." Die Verlesung des Namens ging im aufbrausenden Beifall unter, und sie feierten...
"Frau Braun, Sie können stolz auf ihn sein!"
"Frau Braun, ich freue mich für Sie beide!"
"Danke. Danke... Danke. Sie entschuldigen mich."

Intri zog sich unauffällig zurück, immerhin waren alle damit beschäftigt, ihren nicht-mehr-Verlobten zu feiern.
"Satan, ich bin hier fertig. Was ist mit dem Urlaub, den du mir versprochen hast?"
In ihrem Kopf erklang die Stimme ihres Vorgesetzten. Einem Sterblichen wäre der Schädel geplatzt, doch sie bekam davon lediglich ein Fiepen in den Ohren.
DAS HAST DU SEHR GUT GEMACHT, INTRI. SELBSTVERSTÄNDLICH BEKOMMST DU URLAUB.

Das erste Mal seit ihrem Auszug von zu Hause freute sie sich wieder.

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Re: Intri [Re: ] - #2291268 - 22.07.2011, 23:40:33
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Intri 5

(Anm.: Die nachfolgende Episode ist im O-Ton in türkischer Sprache mit deutschen Untertiteln.)
Endlich ausspannen!
Fast schon zu lässig für ihre hinreißende Erscheinung ließ sich Intri in den wackligen Drehstuhl fallen und begann, ihre schlanken Finger über die Tastatur huschen zu lassen. Der fleckige, verkratzte Bildschirm erhellte sich und zeigte die Anwendungen an, die sie benötigte. Sie machte immer mal wieder Urlaub, diesmal in der Türkei, die Menschheit befand sich am Anfang des neuen Jahrtausends.

Kurz zuvor erlaubte sich die antropomorphe Personifizierung einen Spaß, bei dem es um einen deutschen Jungen ging, der ein Mädchen zu lange ansah, und nun unter schwersten Vorwürfen der Sexualität im Gefängnis schmorte. Er hieß Marco oder so... selbst eine unsterbliche Erscheinung konnte sich nicht alle Namen der Welt merken.

Nun saß sie in einem heruntergekommenen Internetcafe in einer Seitengasse, und gönnte sich ein wenig geistige Zerstreuung. Ein Chat! Sie war noch nie in einem Chat. Doch Kenntnis der menschlichen Natur - und all ihren Lastern - war schließlich Teil ihrer Existenz. Die Seite war hochgeladen und Intri grübelte darüber, was sie eingeben sollte. Nach kurzer Überlegung jedoch waren Nickname und Passwort gefunden.
Die Seite war lila, eine entsetzlich kitschige Farbe. Und sogleich öffnete sich eine Nachricht von... Tolgi. Sie lautete:
Hallü!

Bin isch Tolgi oda was. Kommstu in mein krasse Ched, is konkred viel Familie und gutes Klima Alta. Kommstu, kaufstu korrekte Smileys in Abo, kommstu und spielstu in meine fedd krasse Spielechennels, mach isch jeden Woch neues krasses Spiel! Schewööör!
Bist noch N00b oder was. Gehstu zu Ademin schleime, oda nimmst du Foto von deine dicke Mopse und lasst disch abcheke, kriegstu auch Stimme für Wahl, schwör!
Wünsch isch noch viele Spas in meine Ched Alta!

deine Tolgi, schwöre.


Leicht irritiert starrte sie durch die Gläser ihrer dicken Brille und versuchte, das eben gelesene in Einklang mit ihrem bisherigen Bild der Menschheit zu bringen. Kurz darauf, sie hatte noch kein Wort getippt, war lediglich dem Tipp mit dem Bild gefolgt, kam eine weitere Nachricht.
dieböse7 schrieb:
Seid gegrüßt o holde Maid, da komm ich aber nicht umher im Himmel anzurufen, dass der verschollene Engel aufgetaucht ist. Heut schon was vor? ;)

Ernstzunehmender Unglaube zeichnete ihre bleichen Züge, und Falten blanken Entsetzens versuchten emsig, ihr perfektes Gesicht zu entstellen. War das Internet denn schon so heruntergekommen? Intri wollte sich gerade wieder ausloggen, da sah sie etwas...
Eine Schaltfläche fiel ihr auf. "Weiterleiten"... war das nich ihre Aufgabe? Was lief hier? Wusste Satan davon... NEIN! Ein Komplott der Hölle gegen sie! In einem Chat...

Intri kniff die Augen zusammen und knetete sich ihre antropomorphen Fingerchen. "Soso. Wenn das so ist, drehen wir den Spieß halt mal einfach um..."

Im Laufe der nächsten Monate und Jahre erfand sie die Permanentsperre, ein neuartiges Notrufsystem ohne Original-Screens und verhalf vielen Leuten zu virtuellem Ruhm. Den sympathischen Kerl vom Beginn ihrer Internetreise lernte sie auch näher kennen - allerdings nicht persönlich. Stattdessen probierte sie an ihm diese ihr inzwischen doch ans Herz gewachsene Funktion des Weiterleitens aus...
Sehr zu ihrer Verwunderung meldete sich Satan in der ganzen Zeit nicht, auch reagierte er nicht auf ihre Rufe...

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Re: Intri [Re: ] - #2292149 - 24.07.2011, 15:44:35
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Intri 6

"Scheißdreck! Blöde Kuh! ... DU BLÖDE KUH!" Das war eine der negativen Nebeneffekte einer antropomorphen Personifizierung: Man erfuhr praktisch sofort, wenn jemand, der der eigenen Gestalt Macht auf Erden verlieh, aus dem Diesseits schied. So war es in diesem Falle. Das erste Mal in ihrer Existenz weinte Intri. Ihre Tränen ließen ihre sonst makellosen Haare an ihrem hübschen Gesicht kleben, als sie den Blick hob und auf die große, unheilvolle Gestalt richtete, die sich über ihnen erhob. "Mach ihrem Leiden doch ein Ende. Bitte!"
Seelenruhig betrachtete der Riese in schwarzer Kutte die Sanduhr, die er zwischen seinen knochigen Fingern hielt. Die letzten Körner fielen in die untere Hälfte und die Sanduhr löste sich einfach in Luft auf. Es ging so schnell, dass kein menschliches Auge die Bewegung hätte verfolgen können, doch Intri sah es: Wie die schimmernde Sense durch den Hals ihrer Freundin Amy drang, ohne Spuren zu hinterlassen. KOMM WIEDER RUNTER, polterte Tod, ES WAR ABZUSEHEN, ODER ETWA NICHT? JEDENFALLS BIN ICH SCHON EINE GANZE WEILE BEI IHR. ICH HAB MIR SOGAR WAS ZU LESEN MITGEBRACHT. WUSSTEST DU, DASS DIESER... Gevatter überlegte kurz, LORD WALDEMAR MIR ZIEMLICH ECHT NACHEMPFUNDEN WURDE...

Ihr leerer Blick bohrte sich in die Luft, während die unsterbliche Seele aufstieg und den Schnitter bei der Hand fasste. ICH LASS EUCH BEIDEN DANN MAL ALLEINE. ICH MUSS NOCH NACH OSLO. ... WÜNSCH DIR TROTZDEM NOCH NEN SCHÖNEN TAG.

"Dämlicher Penner." Ungeachtet dessen, dass er nur seiner Arbeit nachging - und längst verschwunden war- kniete sie neben der leblosen Hülle ihrer einstigen Freundin und Lieblingssängerin. "Amy, Amy... ich habs dir gesagt. Lass den Scheiß. Ich habs dir gesagt. Lass die Scheißdrogen sein und ritz dich lieber. Du hättest..." sie musste schluchzen und die Nase hochziehen, "du hättest dich ritzen können... ein Album mit Billy Talent oder... oder so aufnehmen können..."
Amy erwiderte nichts. Wie sollte sie auch. "Wieso. Wieso du. *zensiert*!" Sie stieß die Leiche an, die darauf hin noch verdrehter da lag als zuvor. So viel unsterbliche Macht, und dann passierte sowas. Einfach so.

"Miss Winehouse?" Das klopfen an der Tür riss sie jäh aus ihren Gedanken. Sterbliche waren auf dem Weg!
Aus den Schatten des Zwielichts verfolgte Intri in blinder Trauer das Geschehen, wie Uniformierte das Zimmer absperren und untersuchten, Blitzlicht und Hektitk. Wie im Zeitraffer flogen die Bilder an ihren Augen vorbei.

"Irgendwann," hörte sie sich wie aus weiter Ferne sagen, "irgendwann tret ich euch miesen Bastarden allen in die Eier... irgendwann."
Das Zwielicht verschlang sie und sie wurde eins mit den Schatten von Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart. Sie konnte warten...

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Re: Intri [Re: ] - #2300339 - 08.08.2011, 22:20:02
Herr Tod
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Ich habe es zwar nur überflogen, aber trotzdem in dem Text sehr viele, nennen wir es Anleihen aus den Scheibenweltromanen bemerkt; so z.B. der ganze Stil, die durchgängig in Blocksatz gehaltene wörtliche Rede des Satans/Tods (= Gevatter Tod), die Regel, dass übernatürliche Wesen nur von Menschen gesehen werden können, die auch an sie glauben, die Bezeichnung anthropomorphe Personifizierung usw. usf.

Daher gefällt es mir persönlich nicht, was wohl hauptsächlich daran liegen dürfte, dass man sich mit diesem Stil automatisch in den langen Schatten eines großen Mannes mit Hut stellt - Terry Pratchett.


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Re: Intri [Re: ] - #2645615 - 10.03.2014, 18:47:54
WirSfnBisWirUmfalln
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Intri 7:

"Na."
SEI GEGRÜßT.
Allein dieser eiskalte Hauch hatte ihr verraten, dass sie plötzlich nicht mehr allein war. Intri saß auf einer Parkbank, und die untergehende Sonne zeichnete ihre Kunst an den Horizont, während an einem nahegelegenen Spielplatz Feierabendstimmung herrschte. Was so viel hieß, dass frustrierte Eltern ihren Nachwuchs von der Weide zurück in den heimischen Stall zu treiben versuchten. Intri wusste nicht warum, aber dieses Szenario beruhigte sie irgendwie jedes Mal wieder. Wie nun diese Ruhe jäh unterbrochen wurde, durch den Tod.
"Was führt Sie hierher, Herr Kollege?" Vielleicht verzog er sich, wenn sie versuchte, so kalt wie er zu sein, dachte sie sich.
HAB GEHÖRT DU HASTN NEUEN JOB. MACHTS SPAß? Er wandte ihr seinen massigen Skellettschädel zu und das Licht am Ende des Tunnels blitzte freudig in seinen leeren Augenhöhlen.
"Ja. Die BILD zahlt gut. Danke. Hab letztens wieder was über Fußballfans geschrieben. Kam gut an bei den Kollegen, und beim Chef auch." Wollte der jetzt wirklich nur reden oder war ihre Zeit gekommen, und das war nur eine Beruhigungsmasche?
DU MUSST MORGEN EIN INTERVIEW FÜHREN MIT DIESEM ULI WEGEN DIESER STEUERNGESCHICHTE. NETTER KERL. STEHT LEIDER NOCH NICHT AUF MEINER LISTE. HÄTTE GERN MAL POKER MIT IHM GESPIELT.
"Du bist echtn zynisches *zensiert*, weißt du das?"
WIE KOMMST DU DARAUF. ICH BIN VIEL NETTER ALS ICH OFT DARGESTELLT WERDE. FRAG MAL DAS NIVEAU BEI RTL...
"Hmmm."
ICH DICH AUCH.

Eine noch junge Familie karrte ihre prostestierende Tochter in einem Kinderwagen in Richtung der Stadt. Der ältere Bruder war mit dem Handy beschäftigt und rammte fast einen Jogger, der noch während dem Ausweichen resignierend den Kopf schüttelte.

ZEITEN ÄNDERN SICH, polterte Tod plötzlich.
"Ja."
HAST DU EIGENTLICH MAL AN DIE ZUKUFT GEDACHT?
"Mein Lieber Herr Gevatter. Wenn das ein Antrag werden soll, ich warne dich..."
DU WARNST MICH. SOSO. WIE NETT VON DIR.
"*zensiert*."
DU TRÄGST MIR DAS MIT DEINER FREUNDIN NACH, HM?
"Nein. Das siehst du falsch." Auch wenn es für eine anthropomorphe Personifizierung ungebührlich war, kamen Intri nun die Tränen. "Ich hab einfach keinen Bock mehr, weißte. Immer muss ich irgendwas kaputt machen, obwohl ich eigentlich nur was Gutes tun will! Ich bin doch der Depp in dem Laden hier! Mann! Sogar die Brüder Lug & Trug sind beliebter als ich. Ich werd nur als irgendwelche Handlungsstränge in dämlichen Soaps verzeizt. Ich will mal was anderes machen..."
HAST DU DAS DEM CHEF MAL GESAGT?
"... Spinnst du? Nein?!?"
HMMM. SCHLECHT. WENN DU KEINEN SPAß BEI DER ARBEIT HAST, BRAUCHST DU HALT MAL URLAUB.
"Wie nett."
DU ÄFFST MICH NACH.
"Mach Sachen."
AUF JEDER BEERDIGUNG IST MEHR STIMMUNG ALS BEI DIR. WIE KOMM ICH JETZT NUR DARAUF...
"Weißte was, Tod, du.."
WARTE. DU MACHST MORGEN DAS INTERVIEW MIT DIESEM ULI UND DANCH MACHST DU FREI. SPANN MAL AUS.
"Weißt du, so langsam bin ich deinen Sarkasmus leid du... ... Tod? Hallo?"

"Da." Ein Kleinkind streckte Intri eine leicht ramponierte Plastikfigur von Darth Vader entgegen. "Da. Hihi."
"Oh, wie nett. Danke." Da sollte noch einer sagen, der Schnitter hätte keinen Sinn für Humor. : )

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