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Jugend - und Seniorenmannschaften - eigene Erfahrungen - #1017648 - 20.01.2007, 11:04:26
präfix
Nicht registriert


hoi,

das Thema Jugendarbeit in den Vereinen in Deutschland gibt es ja bereits seit Jahren. Inbesondere im Fußball [erlebe ich selbst hautnah mit.] sind seit den verkorksten internationalen Auftritten bei WM oder EM sowie der CL oder dem UEFA-Cup etliche Diskussionen aufgekommen und einige Umbrüche getätigt worden.

Doch möchte ich mit diesem Thread erfahren, wie die Jugendarbeit in anderen Sportvereinen und auch Sportarten ist. Dazu gehören einige verschiedene Faktoren, die man in eine Beurteilung einfließen lassen muss. Außerdem soll das Thema am Ende erweitert werden auf die Seniorenmannschaft, d.h. was passiert bzw. passiert ist, wenn man die Jugendabteilung verlässt und sich einer Seniorenmannschaft anschließen möchte. Daher möchte ich kurz mit einer Ausführung beginnen.

Mit meinem 19 Jahren spiele ich derzeit Fußball in der Kreisliga B. Bei uns im Land - BaWü - ist das die unterste Staffel, wir können nicht mehr absteigen. Vor 10 Jahren spielte der Verein noch in der Landesliga, wurde dann nach unten durchgereicht. Mit ein Grund war sicherlich die schlechte Jugendförderung / Nachwuchsarbeit.
Es ist der hiesige Sportverein in einer 15 000 Einwohner Gemeinde. Im Seniorenbereich sind die Mannschaften getrennt, in der Jugend spielten wir meistens in Spielgemeinschaften. Diese Informationen halte ich für sehr nützlich, um zu sehen, um was für einen Verein es sich handelt. Doch nun zurück zu den Wurzeln:

Vor zehn Jahren als Sprössling entschied ich mich, Sport zu machen, probierte mehrere Sportarten aus und blieb, wie viele meiner Klassenkameraden [auch ein wichtiger Faktor!] beim Fußball hängen. Heute sind von zehn Personen gerade einmal drei übrig. Es war toll, auch außerhalb der Schule mit seinen Kameraden Spaß zu haben und Sport zu machen. Es fing also in der E-Jugend an. Wir hatten drei E-Jugend-Mannschaften, wurden Staffelsieger mit der Dritten. Für einen kleinen Sprössling schon ein Wahnsinnserfolg. :)
Das Training war ziemlich locker, wie man es in der E-Jugend fast gar erwartet.
Es folgte die D-Jugend, die leider mit dem Abstieg aus der Bezirksklasse endete. Zusätzlich zu den neuen Regeln [Großfeld, Abseits, etc.], wurde nun erstmals richtig Kondition gebolzt, jedoch teilweise zu viel - wenn ich so zurückblicke.
Das erste C-Jugendjahr war ganz in Ordnung, wir schafften es, die Bezirksliga zu halten. Zwar mit Mühe, aber es funktionierte immerhin. Im zweiten Jahr kamen wir dann zu einer Spielgemeinschaft mit der Nachbargemeinde. Zuerst wollte man das nicht, später stellte sich diese Kooperation aber als sehr gut dar. Wir hatten ein erfolgreiches Jahr, welches überraschenderweise mit dem dritten Platz in der Bezirksliga und dem Gewinn der Bezirksligapokals. Einfach toll. :)
Danach ging es in die B-Jugend mit einem Großteil der Pokalgewinner. Gemeinsam mit dem älteren Jahrgang wurschtelten wir uns durch die Bezirksliga, konnten dadurch die eigenen Ansprüche aber nicht erreichen. Das gleiche Spiel erfolgte in der zweiten Saison, als wieder der gleiche Jahrgang wie beim Pokalsieg zusammen war. Ebenso das erste A-Jugendjahr.

Natürlich muss man dazu sagen, dass uns nach dem Pokalsieg und dem Jahr danach Spieler verlassen haben, die bei unserem Dorfverein unersetzlich waren. Sie gingen zu den zwei erfolgreichsten Vereinen hier in der Region, da sie dort ihr Können besser ausleben können. Dieser Schritt ist nachvollziehbar, das sieht man ja auch im bezahlten Fußball.

Nach dem ersten A-Jugendjahr wurde die Spielgemeinschaft aufgelöst, da der eine Verein alle A-Jugendspieler in die Seniorenmannschaft holte. Alleine bekamen wir keine Mannschaft zusammen, also fand ich mich schon damit ab, zumindest das nächste Jahr ohne Fußball zu verbringen. Genauso ging es vier meiner Kollegen. Kurz nach Ende der Jugendsaison erhielt ich dann aber einen Anruf des Senioerentrainers, der mit mir über meine fußallerische Zukunft plaudern wollte.
Die Seniorenmannschaft brauchte unbedingt Spieler, damit sie eine komplette erste Mannschaft zusammenbekamen. Da ich weiterhin Fußball spielen wollte und es keine Alternativen gab, sagte ich zu und trainierte fortan auch bei ihnen mit. Anfänglich gab es natürlich Probleme, sich einzugewöhnen, doch halfen die vier anderen aus der A-Jugend genauso wie der Rest der Mannschaft dabei. Eine tolle Gemeinschaft. Das zeigte sich auch während der Saison, obwohl wir hin und wieder ziemlich auf die Mütze bekommen haben. Doch das war zu erwarten. Das Training war "normal", nicht zu locker, aber auch nicht "profimäßig". Es erfolgte ein Rundenabschluss, wir fuhren zusammen an den Bodensee und verbrachten dort ein Wochenende. Es war schon ziemlich genial.
Nun bin ich bereits in meinem zweiten Seniorenjahr und es hat sich eine Menge verändert. Dank Beziehungen konnte man ehemalige Jugendspieler des Vereins wieder zurückholen und sich auch sonst sehr gut verstärken, so dass die Hinrunde bisher mit nur zwei Niederlagen die beste seit dem Abstieg aus der Landesliga war. Wir stehen zwar "nur" auf Platz vier, haben aber nur fünf Punkte Rückstand auf den Zweitplatzierten. Den Tabellenführer werden wir wohl nicht mehr einholen können - sie haben ein Spiel unentschieden gespielt [gegen uns.], die anderen alle gewonnen. Selbstverständlich hat das Training dazu an härte zugewonnen, da man ja etwas erreichen möchte. Doch nimmt man das gerne in Kauf, denn wir haben ja auch eine zweite Mannschaft, in welcher die spielen können, die wenig Lust auf richtiges Training haben. Insgesamt blicke ich hoffnungsvoll in die Rückrunde. Wie genau meine sportliche Zukunft aussieht, weiss ich nicht. Ich kann nicht ausschließen, auch einmal zu einem höherklassigen Verein zu wechseln, wenn entsprechende Angebote da sind und auch die Perspektive stimmt.
Nach den Heimspielen bleiben wir meistens noch eine zeitlang im Sportheim oder verbringen den Sonntag zusammen in einem Lokal oder einer Disko. Und auch sonst machen wir recht viel gemeinsam. eine tolle Gemeinschaft einfach und im Vergleich zur Jugend total anders. Dort ist man immer nach dem Spiel nach Hause gegangen und das war es.

Während der gesamten Jugendzeit hatte ich keinen Kontakt mit der ersten Mannschaft. Bis zu dem Zeitpunkt des Anrufs wusste ich nicht einmal, wer dort alles spielt. Wir hatten auch kaum mit den anderen Jugenden zu tun. Lediglich dann, als wir wenige Male aushelfen mussten und so ein Jahr frühe in der höheren Jugend spielten. Einen Rundenabschluss hatten wir fast jedes Mal in der Jugend, doch wurde die Gemeinschaft nicht sonderlich gefördert. Gerade als es zur Spielgemeinschaft kam, sorgte die Grüppchenbildung in der B- und A-Jugend für Probleme. In der C-Jugend war das egal - da stimmte der Erfolg. Da hätte der Verein eingreifen sollen, vielleicht wäre man dann auch erfolgreicher geworden.

Das soll es fürs Erste gewesen sein. Ich hoffe, dass ich mit den eigenen Erzählungen verdeutlichen konnte, um welche verschiedenen Thematiken es geht. Sehr gerne können sich auch Personen äußern, die als Trainer oder Betreuer in Vereinen arbeiten oder sogar dort im Vorstand oder anderen Gremien tätig sind. So kann das ganze von verschiedensten Seiten beleuchtet werden.

Grüße,
präfix

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Re: Jugend - und Seniorenmannschaften - eigene Erfahrungen [Re: ] - #1017662 - 20.01.2007, 11:19:09
Commanderdante
Liszt​omani​a.​

Registriert: 08.04.2003
Beiträge: 7.532
Also ich finde, dass Jugendarbeit sehr wichtig ist, aber man auch sehen muss, dass Fußball DIE Gesellschaftssportart ist. Deswegen heißt Jugendarbeit für mich nicht Förderung der Besten à la "Wir lassen die Schlechten auf der Bank". Gerade im Bereich der F- bis E-Jugend ist mir das Ganze schon zu leistungsorientiert. Gerade in dieser Zeit sollte Fußball vor allem Spaß machen - egal, ob man gut oder nicht so gut ist. Aus meinen Erfahrungen als "Schlechter" (und so ist es vielen anderen auch ergangen) kann ich nur sagen, dass es frustrierend ist, wenn du jede Woche zweimal zum Training gehst, dir das super viel Spaß macht und du dann am Wochenende mit auf ein Turnier fährst und dann dort nicht eingesetzt wirst. Wenn diese soziale Ebene vernachlässigt wird, dann wird vielen Leuten auch der Spaß am Spielen im Verein genommen. Auch wenn diese nicht gerade kommende Ballacks und Kloses sind, so können sie doch noch gut bis zum Ende der Jugendabteilung im 2. oder 3. Team kicken und trotzdem ihren Spaß haben.
Ab der D-Jugend fangen dann auch schon die Wechsel von guten Spielern zu besseren Vereinen an und so hat unser Verein in seiner B-Jugend, die mittlerweile Regionalliga spielt, einen Einzugsbereich von gut 30 Kilometern. Dort finde ich diese Selektion auch gut, denn dort wird der Grundstein für alles weitere gelegt und die Jugendlichen sind im Gegensatz zu Kindern reif genug, um keine Probleme damit zu haben, vielleicht nicht mehr mit ihren besten Freunden in einem Team zu kicken.


dante
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'Cause I'm just a teenage dirtbag, baby ... <3
Ich bin so klug! K-L-U-K! K-L-U-K!
(Homer Simpson)

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