Entschuldigt den Doppelpost, aber ich habe hier zum BGH Urteil zum "virtuellen Hausrecht" tatsächlich noch was beizutragen.
Der Artikel unter
https://www.wbs.legal/it-und-internet-re...ausrecht-23464/ einen guten Überblick darüber, was Forenbetreiber und Betreiber von Sozialen Medien dürfen und was nicht.
Besonders spannend darin der Absatz
Was bedeutet die Drittwirkung der Grundrechte? mit dem Bezug zur freien Meinungsäußerung. Ich zitiere mal etwas daraus:
Der Betreiber darf sein virtuelles Hausrecht nur ausüben, wenn nicht die Meinung selbst unterdrückt, sondern nur die Form deren Ausdrucks eingeschränkt wird. So ähnlich hat das sogar mal der Bundesgerichtshof (BGH) für reale Geschäftsräume entschieden, was übertragbar sein dürfte (Urteil vom 03.11.1993, Az. VIII ZR 106/93). In der Eröffnung des Geschäftsverkehrs liege ein generelles Einverständnis für eine ordnungsgemäße Nutzung durch jedermann. Denn Nutzer vertrauen darauf, dass jeder den öffentlich zugänglichen Raum nutzen darf und nicht willkürlich ausgesperrt werden kann. Danach müssten auch Inhaber virtueller öffentlicher Portale Einschränkungen ihres Hausrechts hinnehmen, wenn sie diese öffentlich anbieten.
Wer aufgepasst hat, sieht dass sehr wohl die Art der Meinungsäußerung eine Rolle spielt und der Forenbetreiber / Betreiber der Plattform entsprechend der Art wie die Meinung geäußert wird einschreiten darf.
Auch der Absatz
Sachgründe für die Ausübung des Hausrechts gibt noch einmal gute Einblicke darein wann ein Forenbetreiber bzw. Betreiber einer Online Plattform einschreiten darf und teilweise auch muss.
Weiter oben fast zu Beginn des Artikels wird auch nochmal beschrieben, welche Arten von "virtuellem Hausrecht" es gibt und worauf die gestützt sein müssen (Absatz:
Welche Arten des virtuellen Hausrechts gibt es?). Relevant für ein Einschreiten unabhängig der AGB und Forenregeln wird dann hier der Absatz
Herleitung aus dem Sachenrecht.
Zitat:
Ein „virtuelles Hausrecht“ steht Portalbetreibern aber auch dann zu, wenn sie es nicht oder nur unzureichend in den Nutzungsbedingungen ihres Portals geregelt haben. Es ist dann an die Eigentums- und Besitzrechtsgarantien des Zivilrechts und das daraus abgeleitete sachenrechtliche Hausrecht angelehnt (vgl. § 903 BGB, 1004 Abs. 1 BGB bzw. §§ 861, 862 i.V.m. 858 BGB analog). Denn auch im virtuellen Raum gibt es Eigentum bzw. Besitz an der Hardware, auf der die Foreneinträge gespeichert werden. Und sogar Mieter bzw. durch entsprechende Verträge berechtigte Nutzer der Servertechnik können sich parallel zur „wirklichen Welt“ auf Besitzrechte bei der Ausübung des Hausrechts berufen.
Mit Überarbeitung des Artikels im Jahr 2021 - nach neueren Gerichtsurteilen, halte ich das auch für eine gute Quelle für derartige Informationen.
Allerdings ist auch der erste Absatz wichtig, das Urteil gegen Facebook.
Nun hat der Bundesgerichtshof in einem lange erwarteten Urteil zum „virtuellen Hausrecht“ Facebooks klare Regeln für den Fall aufgestellt, dass Nutzer gegen Gemeinschaftsstandards verstoßen haben (Urt. v. 29.07.2021, Az. III ZR 179/20 und III ZR 192/20). In diesen Fällen gilt: Das Netzwerk darf Beiträge nur löschen und Nutzer sperren, wenn es folgende Regeln eingehalten hat: Das Netzwerk muss den Nutzer
1. vorab über eine beabsichtigte Sperrung seines Nutzerkontos informieren bzw. im Nachhinein über die Löschung von Beiträgen zu informieren,
2. ihm den Grund dafür mitteilen,
3. ihm eine Möglichkeit zur Gegenäußerung einräumen und
4. danach nochmal neu entscheiden.
Übertragen wir das jetzt auf den Chat, könnte das "virtuelle Hausrecht" also durchaus angewendet werden, wichtig ist halt, dass dem gesperrten die Gründe der Sperre offen gelegt werden und er auch die Möglichkeit hat sich dagegen zu äußern. Anschließend muss dann eine neue Entscheidung getroffen werden ob die Sperre korrekt ist oder eine Aufhebung erfolgen soll.
Zugegeben, die Angabe des Sperrgrundes ist nicht immer optimal. Und hier könnte man dann sagen, so geht das nicht bzw. müsste das sogar tun. Die Möglichkeit gegen die Sperre vorzugehen und eine erneute Entscheidung herbei zu führen gibt es aber sehr wohl. Der TE hat dies ja scheinbar auch in Anspruch genommen, in dem er zur nächst höheren Instanz gegangen ist (welche auch immer das in seinem Fall war).
Dort wurde ihm dann, nimmt man seine Schilderung, mitgeteilt, dass die Sperre berechtigt ist.
PS: Ich liebe es, dass einige Kanzleien sowas transparent aufschlüsseln und auch erklären.