Re: ALGII / HartzIV - Wie ist das so?
[Re: Waron]
- #2658688 - 01.05.2014, 10:52:01
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W a n n a b e - M o d e l
Nicht registriert
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Zu den 1€-Jobs, Waron: Es gibt keine Konkurrenhz unter Unternehmen wegen 1€-Jobber. diese dürfen nämlich ausschließlich zu Arbeiten zum Wohle der Gemeinde eingesetzt werden. Private Unternehmen dürfen keine 1€-Jobber erhalten. heißt also: Für 1€ bei der Stadt arbeiten und die Grünflächen sauber machen ist in Ordnung. Bei einem privatem Gärtnerreibetrieb Laub in Nachbars garten aufsammeln ist nicht in Ordnung.
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Re: ALGII / HartzIV - Wie ist das so?
[Re: ]
- #2658750 - 01.05.2014, 15:56:12
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Familymitglied
Registriert: 12.05.2004
Beiträge: 4.423
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Zu den 1€-Jobs, Waron: Es gibt keine Konkurrenhz unter Unternehmen wegen 1€-Jobber. diese dürfen nämlich ausschließlich zu Arbeiten zum Wohle der Gemeinde eingesetzt werden. Private Unternehmen dürfen keine 1€-Jobber erhalten. heißt also: Für 1€ bei der Stadt arbeiten und die Grünflächen sauber machen ist in Ordnung. Bei einem privatem Gärtnerreibetrieb Laub in Nachbars garten aufsammeln ist nicht in Ordnung.
Exakt so stehts im Gesetz und wie sieht die Realität aus ?
_________________________ Wie macht die Robbe? - owned owned owned..
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Re: ALGII / HartzIV - Wie ist das so?
[Re: ]
- #2658810 - 01.05.2014, 20:23:06
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BundSchuh
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Ich möchte nur aufzeigen, dass unser Sozialsystem nicht so schlecht ist, wie es oft dargestellt wird und dass man sich auch mit Hartz IV zumindest ein kleines bisschen Luxus gönnen kann Du verwechselst da übrigens was. Die Tafel gehört NICHT zum Sozialsystem. Das Sozialsystem besteht aus dem, was der Staat durch Steuern einnimmt um damit die Absicherung seiner Bürger zu gewährleisten. Die Tafel ist aber nicht vom Staat finanziert. Die Tafel ist eine gemeinnützige Organisation. Wenn die Einzelhändler denen nicht mehr geben würden, würden die auch dumm aus der Wäsche gucken - und Du wahrscheinlich auch. Denn dann ist nichts mit "für 1,50 einen Warenwert von 50€ bekommen". Und das ist es doch, was die eigentliche Sauerrei ist. Dass gemeinnützige Organisation und private Unternehmen sich um das kümmern müssen, was der Staat tun müsste. Hättest du den Satz, den ich davor geschrieben habe, mit zitiert, hättest du dir den ganzen Part sparen können: Wiederum möchte ich mit diesem Beitrag nicht sagen, dass der Regelsatz angemessen oder fair ist, ich finde es höchst zweifelhaft, dass Organisationen wie die Tafeln Verantwortung für das übernehmen müssen, was eigentlich der Staat sicherstellen sollte - die angemessene Versorgung der sozial Schwachen mit Lebensmitteln. Keine Ahnung, warum du mir das jetzt noch mal erklären wolltest, um dann zu genau dem selben Schluss zu kommen. Was das Sozialsystem ist, brauchst du mir auch nicht erklären. Wir haben hier sogar einen "Stab Armutsprävention", angesiedelt beim Sozialamt, der sich einzig und allein um die Koordinierung der Hilfen für sozial Schwache kümmert. Da ich im Studium teilweise so schlecht dastand, dass ich selber zur Tafel musste, hab ich sogar direkt eine Hausarbeit über das Thema "Mitleidsökonomie" und die Entstehung der Tafeln geschrieben. Zu sagen "Pfui, Tafeln, böse! Müsste der Staat machen" ist legitim, aber kein Grund für Betroffene, das hervorragende Angebot nicht zu nutzen. Solange der Staat nicht offen die Tafeln als Legitimation für zu niedrige Regelsätze nutzt, sehe ich da kein Problem. Ebenso kann man sich drauf verlassen, dass das Angebot so bestehen bleibt und die Unternehmen nicht irgendwann sagen "So, ich kriegt nix mehr" - ist es doch ein Geben und Nehmen zwischen Tafeln und Einzelhändlern. Die EInzelhändler sparen Entsorgungsgebühren und die Tafeln bekommen Essen für die Ausgabe (Die Kosten für die Müllentsorgung werden übrigens zumindest bei uns vom Sozialamt übernommen...so viel auch zu "nicht vom Staat finanziert" ;D)
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Re: ALGII / HartzIV - Wie ist das so?
[Re: ]
- #2658843 - 01.05.2014, 22:26:51
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Forumsengel
Registriert: 03.09.2010
Beiträge: 7.612
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Zu den 1€-Jobs, Waron: Es gibt keine Konkurrenhz unter Unternehmen wegen 1€-Jobber. diese dürfen nämlich ausschließlich zu Arbeiten zum Wohle der Gemeinde eingesetzt werden. Private Unternehmen dürfen keine 1€-Jobber erhalten. heißt also: Für 1€ bei der Stadt arbeiten und die Grünflächen sauber machen ist in Ordnung. Bei einem privatem Gärtnerreibetrieb Laub in Nachbars garten aufsammeln ist nicht in Ordnung.
mein nachbar hat sich seinen kompletten garten von einem garten und landschaftbaubetrieb erneuern lassen. offiziell ist die firma eine gemeinnützige organisation die dafür da ist um behinderten und benachteidigten menschen einen arbeitsplatz zu geben. getragen wird das ganze durch fördermittel des landes, vom bund und durch die eu. zu genau dieser firma wurde ein bekannter von mir geschickt als er ins h4 gerutscht ist. Voller 8 stunden tag zum stundensatz von 1 euro. Und 10 leute dieser firma haben bei meinem nachbarn 3 wochen lang den garten umgebaut. mag sein das nicht alle arbeiter dort h4 empfäger sind, aber selbst wenns nur 1/3 ist ist das jacke. fakt ist das es ein märchen ist von wegen die 1euro arbeitskräfte würden nicht in konkurenz zum normalen arbeitsmarkt stehen. für JEDE arbeit gibt es normale firmen, und für jeden größeren auftrag den öffentliche stellen erteilen wollen muss eine ausschreibung stattfinden. Das heißt das hier immer konkurenz herrscht und wenn dann ein betrieb daher kommt mit 1/3 arbeitskräften die nur den h4 satz bekommen dann ist das wettberwerbsverzerrung. (versteh gar net wieso da net gegen geklagt wird) das gesamte aktuelle h4 system ist pervers und menschenverachtend und gehört komplett überarbeitet.
_________________________ Orwell war ein Optimist ________
„Würden die Menschen das Geldsystem verstehen, hätten wir eine Revolution noch vor morgen früh.“ - Henry Ford
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Re: ALGII / HartzIV - Wie ist das so?
[Re: Waron]
- #2667725 - 03.06.2014, 17:44:25
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W a n n a b e - M o d e l
Nicht registriert
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Hättest du den Satz, den ich davor geschrieben habe, mit zitiert, hättest du dir den ganzen Part sparen können: Sicher, mir ist auch aufgefallen, dass Du scheinbar 2 Persönlichkeiten hast. Die eine weiss, was zum Sozialsystem gehört, die andere weiss es nicht und will es mit privaten Hilfsorganisationen schönreden. Exakt so stehts im Gesetz und wie sieht die Realität aus Ja, ich hab mir vor kurzem irgendwo mal was dazu angelesen. Tatsächlich ist es so, dass einige (viele) Gemeinden Vollzeitstellen durch 1€-Jobber ersetzen. Das ist aber nicht Rechtens, man muss dagegen eben nur mal angehen.
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Re: ALGII / HartzIV - Wie ist das so?
[Re: ]
- #2670038 - 11.06.2014, 20:08:12
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BundSchuh
Nicht registriert
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Ich habe keine multiplen Persönlichkeiten, ich unterschlage nur nicht die positiven Seiten, wie du es tust. Ich habe keine Ahnung, wie tief du in der Materie steckst, aber mit der Aussage "Ist Sache des Staats und es ist ein Skandal, dass das private Hilfsorganisationen machen müssen" macht man es sich einfach viel zu einfach.
Hast du eine Ahnung, wie viel "Sozialstaat" nicht vom Staat finanziert wird? Die Sozialstaatlichkeit allein auf das steuer- und abgabenfinanzierte Sozialsystem herunter zu brechen, ist unsinnig. Zu einem Sozialstaat gehört weit mehr als staatliche Transferleistungen bzw. erzwungene staatliche Umverteilung von Kapital. Ohne Ehrenamt, private Großspender und sonstige aus dem Gedanken der Solidarität geborene Hilfen würden die sozialen Sicherungssysteme, wie wir sie kennen, zusammenbrechen. Die Tafeln sind - obgleich sie sicher eine der bekanntesten Hilfen sind - nur die Spitze der Spitze des Eisbergs.
Im Folgenden rede ich von der Situation hier in Nürnberg, in anderen Kommunen sind Hilfen jedoch meist ähnlich organisiert. Situation: Ein Mensch mit 1000€ Mietschulden kommt zum Sozialpädagogischen Fachdienst (SFD) und bittet um Hilfe, weil ihm die Zwangsräumung bevor steht. Der Mensch hat vorher schon Darlehen vom SFD bekommen, weshalb dem SFD rein rechtlich die Hände gebunden sind. Was macht der SFD? -> Der SFD stellt einen Antrag an in Nürnberg ansässige Stiftungen mit der Bitte, die Mietschulden zu übernehmen, um Obdachlosigkeit zu verhindern. Situation: Ein Mensch kommt zum Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD), weil die Kinder daheim Hunger haben und die Kasse am Monatsende leer ist. Der ASD hat wiederum keine gesetzlichen Möglichkeiten, einfach Geld auszugeben. Was macht der ASD? -> Der ASD vergibt einen oder mehrere Gutscheine für Einkaufsläden, die durch Spendenmittel einer jährlich stattfindenden Spendenaktion der Regionalzeitung refinanziert werden. Situation: Ein alter Mensch kommt zum Seniorenamt (SenA) und beklagt sich, weil er nicht mehr so gut zu Fuß ist und nicht mehr gut einkaufen gehen kann. Außerdem hat er keine Familie und ist oft einsam, seit er nicht mehr so gut das Haus verlassen kann. SenA hat keine gesetzliche Handhabe, solange der MDK der Krankenkassen keine Pflegestufe festgestellt hat. Was macht SenA? -> SenA vermittelt dem alten Menschen aus dem Pool des ehrenamtlichen Besuchsdienstes eine Person, die mit ihm regelmäßig einkaufen oder zum Senior*innenstammtisch geht. Situation: Die Stadt würde gerne heruntergekommene Stadtgebiete mit hohen Armutsquoten attraktiver und freundlicher machen sowie Bildungsangebote für Kinder etablieren, es fehlt jedoch erneut die gesetzliche Grundlage für dieses Vorhaben und die Finanzierung der Leistungen sprengt den der Stadt zur Verfügung stehenden finanziellen Rahmen. Was macht die Stadt? -> Die Stadt sucht nach großen Unternehmen, die sich sozial engagieren und Stadtteilpaten werden sollen. Diese Unternehmen übernehmen werbewirksam die Patenschaft für einen Stadtteil und finanzieren mit hohen Beträgen genannte Bildungsangebote für Kinder und andere Projekte/Leistungen. Situation: Das Sozialamt würde gerne die Geldbeutel der Bewohner*innen in prekären Lebenslagen entlasten, hat dafür jedoch keine gesetzliche Grundlage. Was macht die Stadt? -> Die Stadt fragt bei Einzelhändler*innen, Dienstleister*innen und Unternehmen an, ob sie im Rahmen eines sog. Nürnberg-Passes freiwillig Vergünstigungen für Sozialleistungsempfänger*innen anbieten wollen. Seitdem gibt es ein vergünstigtes ÖPNV-Ticket, verbilligte rezeptfreie Medikamente, vergünstigte Tierparkeintritte, Musik- und Tanzschul-Angebote und vieles mehr.
Diese Liste könnte ich noch ewig fortsetzen und ich bin gerademal seit einem halben Jahr hier bei der Stadt und in der Armutsprävention beschäftigt. Du siehst hoffentlich, worauf ich hinaus will. Ein enormer Teil unseres sozialen Netzes fußt auf dem ehrenamtlichen Engagement von Privatpersonen, Unternehmen, Stiftungen uvm. Es steht dir natürlich weiterhin frei, über den Staat zu meckern und eine ordentliche Mindestversorgung durch bzw. über den Staat zu fordern - auch ich finde, dass die Regierung durchaus noch mehr machen könnte, wenn der politische Wille da wäre - aber diese ewig negative Defizit-Sicht nervt mich einfach. Wir haben im Vergleich zu vielen anderen Ländern NOCH ein relativ gut funktionierendes Solidarsystem, in dem Menschen und auch Unternehmen von sich aus für ihre Mitmenschen Verantwortung übernehmen und diesen Aspekt sollte man nicht unterschlagen und komplett ausblenden...und Nürnberg ist hier eine noch relativ arme Stadt. Reichere Städte wie München finanzieren längst auf freiwilliger Basis Projekte und Einrichtungen, die auf Basis von Bundesgesetzen keinen Förderanspruch hätten. Ebenso finanzieren die Bezirksregierungen häufig freiwillig Angebote, die der Bund nicht übernimmt. Vielerorts finanzieren Kommunen indirekt sogar Initiativen wie Foodsharing. In Nürnberg muss wirklich niemand unfreiwillig draußen unter freiem Himmel schlafen, niemand verhungert (Ob nun durch ALG II, Tafeln, Geschenkgutscheine oder verbilligte Mittagstische mit Nürnberg-Pass ist mir da egal) und auch sonst muss niemand übermäßig leiden. Und selbst da, wo der Staat sich augenscheinlich komplett raus zieht und den Ehrenamtlichen das Feld überlässt, finanziert er meistens (über die Kommunen) noch Verwaltungs- und Koordinierungsstellen, welche die Angebote bündeln und vermarkten.
So, dieser Block nun allgemein zum Thema Sozialleistungen und "Was gibt es sonst noch, wenn ich ALG II beziehe", wenn auch nicht 100-prozentig zum Thema passend.
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