Hallöchen,

Irgendwie gefällt mir der Unterton nicht so ganz, den du bei der ganzen Sache anschlägst. Wenn dir ein Mann sagt "Ich hatte x Jahre keinen Sex mehr und will ganz gern mal wieder", dann würde ich da auch nicht versuchen, etwas auf romantischer Ebene aufzubauen. Ich muss aber sagen, dass ich das auch nicht erlebe. Ich bin aber auch nicht gezielt auf Partnersuche. Wenn ich mal wirklich durch Zufall ins Gespräch mit einem Mann komme, dann ist Sex selten Thema des ersten oder des zweiten Gesprächs. In erster Linie bin ich auf der Suche nach guten Gesprächen und wenn mich jemand mit "hi na" anschreibe, dann antworte ich da meistens auch gar nicht drauf. Wenn dann wirklich nur meine Körbchengröße interessiert, dann kann ich darauf verzichten.

Generell finde ich es aber nicht verwerflich, darüber zu reden. Ich habe schon mehrere Leute kennen gelernt, die ich unheimlich sympathisch fand, mit denen ich gut schreiben und nächtelang telefonieren konnte. Es ist auch relativ einfach zu erklären, warum das bei virtuellen Begegnungen schneller auf den Tisch kommt als wenn du jemanden im Freundeskreis oder so kennen lernst: Du siehst den anderen nicht. Man traut sich mehr. Es ist einfacher, offen etwas zu schreiben. Diese Einfachheit sorgt dafür, dass man dann schneller auch über persönliche Dinge spricht, dazu können dann auch sexuelle Vorlieben gehören. Ich finde das auch dann nicht mehr verwerflich. Wenn man stundenlang schreibt, fühlt man sich vielleicht irgendwann so vertraut, dass man weiß "Hey, den möchte ich sehen, das könnt was werden". Warum dann nicht darüber reden, was man beim Sex mag?

Ich finde es sogar nichtmal unwichtig. Ich habe mich mit einigen Leuten schon aus dem Chat getroffen. Es war sogar - fand ich - einfacher für mich, dann entsprechend den Leuten näher zu kommen, weil ich wusste, was sie mochten, weil wir ja nunmal vorher drüber gesprochen hatten. Sicherlich ersetzt das keine "Live-Kommunikation" in dem Moment, aber man traut sich mehr, wenn man einige Dinge schon weiß, finde ich. Man merkt ja nunmal vorher, ob man miteinander reden kann, ob der Humor passt, ob das Aussehen von Bildern her passt, etc. Das kann schiefgehen, klar, muss es aber nicht. Im Endeffekt finde ich es halt nicht verwerflich, wenn man das zum Thema macht, weil es viele Spannungen wegnimmt. Ich find es auch durchaus wichtig zu wissen, ob jemand, für den ich mich interessiere, auf irgendwelche merkwürdigen Dinge steht, denen ich absolut nichts abgewinnen kann. Für das Kennenlernen spielte das bestimmt auch beim Liebesbriefchenschreiben eine Rolle - man hat sich nur eben nicht getraut.

Wenn man aber nun, so wie du, gezielt im Internet auf Partnersuche geht, dann ist klar, dass es etliche Männer gibt, die solche Signale eventuell falsch auffassen und meinen, man könnt jemanden für einen schnellen One Night Stand eben mal rumkriegen. Wenn du deinen Schreibpartner also nicht sympathisch findest, würde ich auf diese Themenwahl auch gar nicht eingehen. Ich finde es auch unheimlich anmaßend, dass du von "nötig haben" sprichst. Es gibt durchaus Leute, die an sich unheimlich nette und sympathische Menschen sind und die einfach nicht so total "outgoing" sind und demnach eher wenig Leute kennen lernen. Nicht jeder Mann, den man hier im Internet kennen lernt, ist gleich ein Arsch und all die guten lernen ihre Damen in der Diskothek kennen. Wieso suchst du denn einen Mann im Internet, wenn doch angeblich nette Menschen mit guten Manieren das gar nicht nötig haben?
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just for the record: the weather today is slightly sarcastic with a good chance of disinterest in what the critics say.