Da ich gerade in Schreiblaune bin, würde ich gerne ein weiteres Thema angehen: Essen und Hartz IV. Man hört ja oft, dass Hartz IV EmpfängerInnen hungern müssen und zu wenig Geld zum Leben haben. Dass sie sich nur Nudeln und Tomatensoße leisten können und nie was Frisches auf den Tisch bekommen.
Ich beziehe zwar kein ALG II, aber da ich mit Kindergeld (184€), BAföG (209€) und Nebenjob (ca. 250€) lediglich um die 650€ zur Verfügung habe für Miete, Strom, Internet, Handy, Essen, Trinken, Freizeit, etc., habe auch ich mir einen Berechtigungsschein für die Tafel geholt. Ich möchte hier einfach mal auflisten, was ich heute für 1,50€ bekommen habe (regulärer Verkaufspreis oder Schätzung in Klammern dahinter):

550g Siegelsdorfer Wallnussbrot (2,68€)
1 Päckchen Grafschafter Buttertoast (0,49€)
2 0.75l Flaschen Carpe Diem Kombucha (ca 5,50€)
1 Mehrkornstange, 1 Krapfen, 1 Apfel-Nuss-Zimt-Plunder (Bäckerware, ca. 2,50€)
1 Sack Kartoffeln 1.5 Kilo (ca. 1€)
5 große Karotten (ca. 0,50€)
3 Stangen Lauch (ca. 1,50€)
1 Endiviensalat (ca. 1€)
2 Paprika (ca. 1€)
1/2 Blumenkohl (ca. 0,80€)
1 großer Fenchel (ca. 0,60€)
1 Päckchen Pepperoni/Chili (ca. 2€)
3 Zwiebeln (preislich irrelevant)
1 Strauß Tulpen, 1 Strauß Rosen (thematisch irrelevant)
1 Kiwi, 1 Banane, 1 Drachenfrucht, 1 Orange, 1 Grapefruit, 1 Birne, 1 Avocado (ca. 4€?)
250g hilcona Tortelloni Ricotta e Spinaci (ca. 2€)
150g Steinhaus Basilikum Pesto (2,30€)
1l Alpro Soja Drink (ca. 2€)
2 Becher Sojade Soja"joghurt" (ca. 1,30€)
1 Päckchen Bio Sonne getrocknete Aprikosen (2,79€)
1 True Fruits Smothie (2€)

Alles in allem bekam ich für 1.50€ also Waren, die im Einzelhandel rund 35€ gekostet hätten und die mir locker ein paar Tage reichen. Ich muss anmerken, dass ich die Möglichkeiten nie voll ausschöpfe, sonst würde ich locker auf 50€ kommen (Verzichte komplett auf Süßwaren, Fleisch, Wurst, Käse, die meisten "Fertigwaren" und andere Dinge). Bei uns darf man 2x pro Woche bei der Tafel einkaufen gehen. Wenn man einigermaßen gut kochen kann, kommt man mit dem, was man bekommt, super aus. Man muss halt anpassungsfähig sein. Rein nach Rezept kochen ist natürlich nicht möglich, ohne einzelne Sachen zukaufen zu müssen. Was immer zugekauft werden muss sind halt "Grundnahrungsmittel" wie Nudeln, Mehl, Reis. Fällt aber finanziell nicht wirklich ins Gewicht. So kommt man mit 3€ Tafel +7€ Zukauf für 10€ die Woche super gut über die Runden und muss kaum Abstriche machen. Die Ernährung ist auf jeden Fall gesund und ausgewogen.
Im Monat wären das dann 40€, lasst uns gleich 50€ daraus machen, um auf der sicheren Seite zu sein.
Vorgesehen sind im Regelsatz ca. 170€ für Essen und Trinken. Wer sich da beschwert, hat entweder einen sehr extravaganten Geschmack, oder aber ist sich zu fein, bei der Tafel einzukaufen.
Da es in Deutschland rund 900 Tafeln gibt, lasse ich auch das Argument "Nicht jeder hat Zugang zu einer Tafel" nur bedingt zu, denn es trifft auf die Wenigsten zu.


Wiederum möchte ich mit diesem Beitrag nicht sagen, dass der Regelsatz angemessen oder fair ist, ich finde es höchst zweifelhaft, dass Organisationen wie die Tafeln Verantwortung für das übernehmen müssen, was eigentlich der Staat sicherstellen sollte - dir angemessene Versorgung der sozial Schwachen mit Lebensmitteln.
Ich möchte nur aufzeigen, dass unser Sozialsystem nicht so schlecht ist, wie es oft dargestellt wird und dass man sich auch mit Hartz IV zumindest ein kleines bisschen Luxus gönnen kann, wenn man die bestehenden Unterstützungsangebote aktiv nutzt (Zumindest mehr als ich, der dank Studium trotz Nebenjob derzeit etwas weniger verdient, als einE EmpfängerIn von ALG II ohne Nebenjob bekommt)