Um jetzt mal nen wirklichen Erfahrungsbericht zu bringen und hier weg vom das Amt kann dieses, jenes solches und ist Gott zu kommen..
Mein Vater war eine zeitlang selbstständig. Er hat gut verdient und auch gut in die Sozialversicherung eingezahlt. Dennoch hatte er danach keinen Anspruch auf ein anderes Arbeitslosengeld als HartzIV. Wieso das so war, hab ich nie verstanden. Alles in allem war das.. echt beschissen, um die Threadfrage in einem Satz runterzubrechen. Abgesehen davon, dass wir echt finanziell gesehen tief gefallen sind, war es wohl selbst verglichen mit dem Standard eines "Weniger-Verdieners" bescheiden. Eine Weile lang lebten wir noch weiter ganz gut vom Ersparten, dann stellte sich heraus, dass mein Vater sobald nicht wieder arbeiten können würde, das Geld ging mehr und mehr zur Neige. Ich glaube ich war damals in der 9. oder 10. Klasse, ich konnte nicht mit zur Klassenfahrt, nicht mal, als meine Mutter vom Förderverein Unterstützung angeboten bekam. Ich war in dem Sommer nur 2x im Schwimmbad und beide Male waren ein echtes Highlight für mich (das sind eigtl. die einzigen Dinge, die mir in dieser Zeit wirklich zeigten, dass wir wenig Geld hatten - auf andere Dinge wie Ernährung und Kleidung habe ich da noch nicht so geachet). Kino oder Shopping oder was immer meine gleichaltrigen Freundinnen taten waren in dieser Zeit nicht drin. Ein Schaden am Auto brachte den absoluten Overkill, Familie mit 6 Kindern ohne Auto - meine Großeltern sind damals zum Glück eingesprungen. Und ständig sollte mein Vater sich neu bei irgendwas bewerben, obwohl er krank war und zu den meisten Jobs nicht in der Lage gewesen wäre, selbst wenn ihn jemand genommen hätte. Hätte er sich aber nicht beworben, hätten wir noch weniger Geld bekommen, und ich glaube, diese komplett sinnlose Tätigkeit, sich für Jobs zu bewerben, zu denen er weder physisch noch psychisch in der Lage war, hat ihn in dieser Zeit noch mehr belastet. Aber aufgrund seines Alters hatte er, glaube ich, eh schlechtere Chancen und wohl auch, weil er davor solange selbstständig gearbeitet hatte.
Das Ganze nahm erst viel später ein Ende, als nach unzähligen Arztbesuchen und psychologischen Gesprächen die Arbeitsunfähigkeit offiziell von Krankenkasse und Arbeitsamt anerkannt wurde. Mittlerweile wohne ich nicht mehr zu Hause, aber ich weiß, dass ich auf mich allein gerechnet mehr Geld zur Verfügung habe als meine Eltern für jeden anderen in der Familie pro Kopf haben. Das ist schon irgendwie komisch, da es doch irgendwie andersrum sein sollte.
Ich glaube nicht, dass es wirklich viele Leute gibt, die gerne unter HartzIV leben, ich glaube eher, dass sie sich damit abgefunden haben und nicht mehr glauben, aus ihrem Leben noch etwas machen zu können. Es ist eben wirklich schwer da wieder rauszukommen, man hat ja auch kein Geld für nix, das typische Bild vom HartzIV Empfänger der vorm Fernseher zu Hause sitzt ist glaube ich nicht umsonst entstanden, denn von dem bisschen halte ich es wirklich für schwierig ins Kino oder Theater zu gehen, ein Buch zu kaufen oder sich mal sonstwie was schönes zu gönnen. Das macht einen bestimmt auf Dauer ziemlich kaputt. (und ja, ich weiß, das Glück und der Glaube an eine Zukunft hängen nicht nur vom Geld ab - aber doch irgendwie schon, und die Psyche spielt da nach einer Weile stark mit rein.)