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Falle ich in Ungnade, aus welchen Gründen auch immer, muss ich diesen entsprechend tilgen. So sah dann ja auch die Vorstellung der Samurai von Ehre aus und letztendlich würde ich sagen, ist Ehre auch nichts anderes.


Ehre heißt für mich, dass jemand nicht nur mit seinen Stärken, sondern auch mit seinen Schwächen umgehen kann. Im Lauf der Geschichte kann man beobachten, wie die Menschen hier immer aufgeklärter werden: Kam in der Antike oft nur der Tod auf dem Schlachtfeld infrage, so wurde besiegten Gegnern wie auch Eigenen immer häufiger Pardon gewährt bis in unserer heutigen Zeit in einer modernen Armee es kaum mehr jemand als ehrlos empfindet, wenn ein Soldat nach einem verlorenen Gefecht nicht gleich den Tod sucht.

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Sicherlich, ich möchte letzteres nicht banalisieren, aber ist es nicht wesentlich schwieriger und kostet es nicht wesentlich mehr psychischer Mühe, den eigenen Selbsterhaltungstrieb zu überwinden anstatt einfach weiterzuleben? Ist es aufgrund der Schwere der Entscheidung nicht in signifikantem Maße "ehrenwerter", durch die eigene Hand zu sterben?


Nein. Den Selbsterhaltungstrieb überwindet man sicher nicht einfach, allerdings reicht hier ein einziges kurzes Überblenden der Konsequenzen und es ist getan. Ungleich schwerer ist es, ein Leben lang mit seiner Schwäche zu leben und zu lernen, damit umzugehen. Dass Selbstmord ehrenwerter sei, als in Schande zu leben, ist ein über Jahrhunderte genährter Topos, vorzugsweise unter Männern und hat seine Wurzeln tief in den Anfängen des Altertums, in denen es in der männlichen Gesellschaft viel mehr auf Stärke ankam als auf Einsicht und die Fähigkeit, zu lernen.

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Ich könnte mir vorstellen, dass wenn man wahrhaftig für eine Sache kämpft, sich mit dieser identifiziert, dass man dann auch bereit sein muss, im Falle einer Niederlage sich selbst zu richten, denn mit der Sache selbst bin ja letztendlich auch ich, als ihr Initiator und Träger, gescheitert.


Es hat für mich nichts mit Ehre zu tun, sein Leben zwangsläufig an das Gelingen oder Scheitern einer einzigen Sache zu koppeln.