Was ist denn, wenn Ehre nichts anderes als ein Schuldenstand ist? Ein Spiegelbild meiner Integrität und meiner Reputation innerhalb der Gesellschaft? Falle ich in Ungnade, aus welchen Gründen auch immer, muss ich diesen entsprechend tilgen. So sah dann ja auch die Vorstellung der Samurai von Ehre aus und letztendlich würde ich sagen, ist Ehre auch nichts anderes.

Der Suizid ist ja praktisch die letzte Konsequenz aus der Akzeptanz der Niederlage. Ich finde, du sagst es etwas zu profan, dass eine Person, die sich selbst umbringt und das auf ziemlich bestialische Weise ( Seppuku, für die, denen diese Praxis unbekannt ist ) auf einer Stufe mit jmd. steht, der sich seine "nur" Niederlage eingesteht und unter kollektiver Ächtung weiterlebt. Sicherlich, ich möchte letzteres nicht banalisieren, aber ist es nicht wesentlich schwieriger und kostet es nicht wesentlich mehr psychischer Mühe, den eigenen Selbsterhaltungstrieb zu überwinden anstatt einfach weiterzuleben? Ist es aufgrund der Schwere der Entscheidung nicht in signifikantem Maße "ehrenwerter", durch die eigene Hand zu sterben?

Ich könnte mir vorstellen, dass wenn man wahrhaftig für eine Sache kämpft, sich mit dieser identifiziert, dass man dann auch bereit sein muss, im Falle einer Niederlage sich selbst zu richten, denn mit der Sache selbst bin ja letztendlich auch ich, als ihr Initiator und Träger, gescheitert.

(Diese Gedanken sind rein hypothetisch und sind nicht zwangläufig konvergent mit meiner persönlichen Ansicht.)