Zitat:
ich hatte mir letztens zum ca. tausendsten Mal den Film "Last Samurai" angeschaut und da ist mir aufgefallen, wie fasziniert ich eigentlich von dem Begriff "Ehre" und den Konsequenzen, die aus diesem Terminus folgen, bin.


Ich mag den Film auch, allerdings erscheint er einem weniger faszinierend, wenn man weiß, dass er wenig mit der Realität zu tun hat. Die Samurai waren natürlich nie diese uneigennützigen Strahlemänner, die nur für die Ehre kämpften. Sie standen in den Diensten ihrer Herren, genossen einige Privilegien und kämpften vor allem darum, diese nicht zu verlieren.

Der Begriff Ehre ist immer so eine Sache. Meiner Meinung nach wird er viel zu häufig missbraucht, um weniger positive Beweggründe zu kaschieren. Was du hier ansprichst - nämlich das Nichteingestehen der Niederlage, wie es ja die Samurai teilweise taten, indem sie Seppuku, also Selbstmord begingen, hatte meist überhaupt nichts mit Ehre zu tun. War ein Samurai in Ungnade gefallen, hatte er nicht nur Schande über sich, sondern auch über seine Familie gebracht. Durch seinen Selbstmord konnte er dies tilgen, die Ehre der Familie wiederherstellen, wobei mit Ehre hier letztendlich nur ein Schuldenstand gemeint ist. Ein anderer Grund war natürlich die Scham, als Verlierer dazustehen, aber jemand, der dies nicht ertragen kann und sich deshalb umbringt, hat für mich nicht mehr Ehre als jemand, der den Mut hat, dies zu akzeptieren.

Auch die Generäle in den Weltkriegen - hatten sie verloren, drohte ihnen sowieso meist der Verlust ihrer Güter/Positionen, Kriegsgefangenschaft oder sogar das eigene Leben. Aus Angst vor diesem Verlust gestand man sich die Niederlage ein, nicht aus Ehrempfinden. Oder eben, wenn man fanatisch daran festhielt, dass die eigene Partei den Sieg davontragen würde, so wie das noch einige Soldaten zu Zeiten Hitlers taten, obwohl schon alles verloren war. Starrsinn, Fanatismus, Ignoranz - kein Ehrgefühl.

Auch im arabischen Raum wird dieser Begriff der Ehre meiner Meinung nach stark missbraucht, um Frauen Männer zu unterwerfen. Man legt ihnen moralische Fußfesseln an, indem man ihnen einredet, dies und das sei ehrlos - und es funktioniert. Dass diese Männer meist selbst ein viel moralisch fragwürdigeres Leben führen, zeigt, dass es auch hier nicht um Ehre geht, dass Ehre nur als Vorwand benutzt wird, um eine gewisse Gruppe einer anderen zu unterwerfen.

Bleibt die Frage, was für mich Ehre ist. Ehre ist für mich das Gegenteil, von dem, was die Samurai taten - eine Niederlage fair und wie ein Ehrenmann einzugestehen, dem Gegner den Sieg zu gönnen, wenn man verloren hat. Ehrenhaft ist für mich jemand, der andere Menschen respektiert, fair mit ihnen umgeht und ihre Schwächen nicht ausnutzt. Meine Definition hat also wenig bis gar nichts mit gefeierten Leinwandhelden und moralischen Käfigen zu tun.


Bearbeitet von Herr Tod (21.09.2011, 13:55:30)