Hallöchen,


ich glaube, die Aussage stimmt so pauschal auch gar nicht. Dumm ist natürlich eine gängige Beleidigung und insgesamt eher negativ besetzt. Schaut man sich aber an, was Dummheit alles sein kann, dann ist der Begriff zu Unrecht zu negativ besetzt.

Es ist wissenschaftlich erwiesen (zumindest erzählte mir eine Bekannte, die wegen Depressionen in Behandlung ist, dies), dass intelligente Menschen öfter an Depressionen erkranken als weniger kluge Menschen. Dummheit verhindert, dass man die Welt im Großen und Ganzen begreift bzw. zu begreifen versucht. Man hat seltener komplexe Gedankengänge, was einen vor Frust schützt, denn oftmals führen komplexe Gedankengänge nur zu immer neuen Fragen statt zu antworten. Man denkt sich als intelligenter Mensch oft sehr tief in zwischenmenschliche Beziehungen hinein und entdeckt überall Probleme und Schwierigkeiten, die sich ganz natürlich daraus ergeben. Ich könnte noch viele weitere Dinge aufzählen, die gemeinhin "intelligente Menschen" tun und gemeinhin "dumme Menschen" nicht. Viele dieser Dinge führen dazu, dass man die Welt immer negativer sieht. Ein dummer - oder sagen wir lieber, weil positiver besetzt, einfacher - Mensch hingegen hat keine solchen Gedanken und ist daher glücklicher. Dummheit ist in diesem Sinne also durchaus positiv!

Ebenso verhält es sich mit Naivität, was ja auch eine Ausprägung von Dummheit sein kann. Naivität bedeutet für mich vor allem, dass man von der Welt nichts Schlechtes erwartet und immer wieder über das Schlechte staunen kann. Das wird oftmals von anderen Menschen belächelt und eben als naiv und damit abwertend betitelt, aber eigentlich ist dieses staunen Können eine sehr positive Eigenschaft. Naive Menschen, die sich über Schlechtigkeit wundern, tun vermutlich selbst nichts Schlechtes - zumindest keine größere Schlechtigkeit, die anderen ernsthaften Schaden zufügt. Sie kämen gar nicht auf die Idee, solche Dinge zu tun, weil sie die Welt als etwas von Natur aus Gutes betrachten und es daher auch als natürlich ansehen, sich gut zu verhalten. In diesem Sinne ist also Dummheit als Naivität ebenfalls eher positiv.


Das sind nun zwei Aspekte, die mir spontan einfallen. Trotzdem hast du recht, "dumm" ist an sich negativ besetzt. Das liegt vermutlich vor allem daran, dass dumme Menschen dumme Dinge tun und aus diesen dummen Handlungen meist ein mehr oder weniger großes Unglück entsteht. Unglück, Leid etc. sind Dinge, die kein Mensch gut findet und im Nachhinein findet man die Handlungen, die dazu führten, eben "dumm", weil "undurchdacht". Das macht "dumm" zu einer sehr negativen Sache. Außerdem ist es - gerade in unserer heutigen Zeit - ein Ideal, klug und gebildet zu sein (oder zumindest weltgewandt). Das Gegenteil dieses Ideals, also Dummheit, erscheint nicht erstrebenswert, man kann es gut nutzen, um andere Menschen herabzuwürdigen und zu verletzen. Darum ist dumm eine gängige Beleidigung - und Beleidigungen selbst sind immer negativ.



Kurze Exkursion: Das Wort "*zensiert*" ist ebenfalls sehr negativ besetzt, aber z.B. Bewegungen wie der "Slut Walk" versuchen aktiv, dem Wort eine positive oder zumindest neutrale Konnotation zu geben. Es hängt also tatsächlich immer davon ab, wie "die Gesellschaft" bestimmte Dinge empfindet - in unserer Gesellschaft ist dumm negativ, obwohl es meines Erachtens nicht zwingend negativ sein muss. Vielleicht, in 100 Jahren, wird der Begriff anders empfunden werden. Eine letztendliche Antwort auf das "Warum" kann ich aber nicht geben.



Bithya (-: