Streng genommen wirkt eine These sich ab dem Moment ab dem sie artikuliert wird aus, da hier bereits die ersten Aktionen und Reaktionen durch sie stattfinden. Dies könnte allerdings verhindern dass legitime Thesen geäussert werden, daher ist es zu eng gefasst.

Spätestens aber ab dem Moment, ab dem die These in die Entscheidungsfindung einbezogen wird ("Mache ich XYZ lieber nicht, da da eine göttliche Strafe drauf steht?", "Mache ich XYZ da da eine göttliche Belohnung drauf steht?", "Schleppe ich meine Familie in die Kirche?", "Fasten wir im Ramadan?", "Geben wir unseren Kindern keine Bluttransfusion und lassen sie sterben?" und viele mehr, die ich hier nicht nennen werde da es einfach zuviele Punkte gibt an denen diese These nunmal tagtäglich bereits einbezogen wird), besteht Beweispflicht für den Gläubigen.

Ohne nun Gläubige beleidigen zu wollen, der Unterschied zwischen Religion ("Ich glaube an Gott.") und Wahnsinn ("Ich glaube an das Monster in meinem Schuhschrank.") liegt in der schieren Zahl der Gläubigen und deren Konsens. Diese Menge an Menschen die daran glauben dass es einen Gott gibt, geben anderen Menschen die Grundlage ebenfalls daran zu glauben, ohne eine geschlossene Anstalt von innen besuchen zu müssen. Und die Auswahl an Göttern, die auf diese Weise gesellschaftsfähig gemacht wurden, ist vielfältig genug dass für fast jeden Menschen einer dabei sein dürfte, der einen braucht.

Meine persönliche Schmerzgrenze für diese Auswirkungen liegt bei "Ich finde, dass du X tun/glauben solltest, weil...", spätestens hier ist die Aussage ohne vorherigen Gottesbeweis schlicht unverschämt.

Ich respektiere den Glauben eines jeden Menschen, insbesondere da ich weiss, dass viele Menschen ihre Identität, ihr eigenes Ich über ihre Religion definieren und diese deshalb bis zum letzten verteidigen werden, weil sie nicht wissen, was sie ohne ihren Glauben wären. Desweiteren ziehen viele Menschen auch echte Vorteile aus Religion, da sie Erklärungen über den Sinn unserer Existenz vereinfachen oder diese als Motivation für den Alltag nutzen. Das Leben unter einem göttlichen Willen, der uns unseren Sinn im Leben schon zeigen wird klingt deutlich einfacher und verlockender, als die Erkenntnis dass wir zufällig existieren und unser Leben genau den Sinn hat, den wir ihm geben.
_________________________
o
L_
OL

This is Schäuble. Copy Schäuble into your signature to help him on his way to Überwachungsstaat.