Selbstbewusstsein

Peter geht zur Schule. Er ist 16 Jahre alt, mitten in der Pubertät. Viele sagen über ihn, dass er eher der schüchterne Typ ist. Seine Schulzeit ist der Horror, er wird ständig wegen seiner langen Nase gemobbt. Doch sein einziger Freund Hans sagt ihm, dass er selbstbewusster werden soll. Er geht nach Hause. Zuhause angekommen liegt noch eine alte Bravozeitschrift rum. Im Dr. Sommer Teil steht ein Artikel über Selbstbewusstsein: "So kriegst du mehr Selbstbewusstsein!". Dann surft er im Internet rum. Auf Youtube findet er ein Video: "SELBSTBEWUSSTSEIN!! Die Portion die du brauchst.", hochgeladen von HerrTutorial. Später schaltet er den Fernseher ein und sieht "Das Model und der Freak". Das Model sagt zum Freak: "Ja, du solltest selbstbewusster auftreten."

Das ist wohl ein typischer Alltag eines Jugendlichen. Täglich werden wir von der sozialen Umfeld (Freunde, Familie) und den Medien (Fernseher, Internet) mit dem Thema Selbstbewusstsein konfrontiert. Schauen wir doch mal was das Internet uns über den Begriff "Selbstbewusstsein" sagt:

"Selbstbewusstsein ist ein Begriff, der in mehreren Fachdisziplinen verwendet wird. Nach allgemeiner Auffassung ist dieser Begriff zuerst in der Philosophie definiert worden. Er spielt aber auch in der Soziologie, Psychologie und Geschichtswissenschaft stets eine bedeutende Rolle. Der Begriff Selbstbewusstsein hat mehrere Bedeutungsebenen. Es gibt ein Selbstbewusstsein des Individuums, aber auch ein kollektives Gruppenselbstbewusstsein."
http://de.wikipedia.org/wiki/Selbstbewusstsein

Die ersten Sätze klingen ja ziemlich schwammig. So eine richtige Definition von Selbstbewusstsein gibt es anscheinend nicht. Also stelle ich mal eine eigene Definition auf, denn man möchte meinen, dass der Begriff an sich alles sagt:

SELBST - das Ich, meine Persönlichkeit, mein Charakter ...
BEWUSSTSEIN - eine höhere Stufe des Wissens, nicht nur verstehen, sondern auch nachvollziehen

Also wortwörtlich heißt Selbstbewusstsein, dass man genau weiß, wie seine eigene Persönlichkeit ist.
Aber in den Medien usw. wird Selbstbewusstsein immer mit Selbstsicherheit, gutem Auftreten, Mut und Kritikfähigkeit verbunden. Wenn man den Begriff nach meiner Definition sieht ist dieses Medienselbstbewusstsein völlig falsch. Nach meiner Auffassung ist kein Mensch sich "selbst bewusst", es gibt keinen Menschen, der sich selbst zu 100% kennt. Nicht umsonst hört man oft den Satz "Ich kenn dich besser als du selbst."

Betrachten wir aber mal genauer das Medienselbstbewusstsein. Ein Mensch soll lernen sich zu lieben obwohl er sich hasst. Er soll über seine Makel und Handicaps hinwegsehen. Aber das ist doch im Prinzip nur Verdrängung. Ich sag nicht, dass Verdrängung blöd ist. Im Gegenteil: ohne Verdrängung würden die meisten Menschen Selbstmord begehen. Aber wenn es doch nur Verdrängung ist, dann ist doch dieser ganze Selbstbewusstseinkram bloß eine Illusion. Indem man das verdrängt, was schlecht vom Selbst ist, ist man sich doch nicht mehr selbst bewusst, sondern verdrängt es. Somit ist der Begriff Selbstbewusstsein ziemlich paradox. Man soll sich gleichzeitig selbst bewusst sein und dann das Bewusste verdrängen. Hä? Ja, das denke ich mir auch. Das ganze Thema ist so verwirrend.

Wie ihr seht ist das Selbstbewusstseingerede alles so schwammig. Deshalb frage ich mal euch:

Gibt es Selbstbewusstsein?
Was ist für euch Selbstbewusstsein?

Sehr schön geschrieben. Ich glaube, dass dein Text hier so alleine steht, bestätigt, dass Du mit deinen Thesen richtig liegst.

Es gibt tatsächlich Menschen, die sich aufgrund von negativen Erfahrungen (oftmals frühkindlichen) ihrem eigenem Ich, ihren Eigenschaften und Reizen nicht mehr bewusst sind und sie nicht so nutzen, wie sie könnten.

Andererseits formen die meisten Menschen ihr Bewusstsein inzwischen durch/über die medialen & gesellschaftlichen Einflüsse. Selbstbewusstsein bedeutet heute, sich allgemeinen Trends (ob materiell oder geistig) anzupassen und kein "Nerd" (der so lebt, wie er es für richtig hält) zu sein.

Nochmal: Deine Auseinandersetzung mit dem Begriff ist wirklich sehr schön. Das ist doch mal Philosophie.

diese darstellung entspricht wohl am meisten der philosophischen bedeutung des wortes. ich glaube aber das du damit nicht ganz richtig liegst, denn bewusstsein kann man nicht mit wissen gleichsetzen. es geht aus diesem hervor, aber es ist nicht das selbe. ich denke das bewusstsein erschließt sich mit dem erkennen einer funktionsweise oder dem handlungsspielraum einer tätigkeit. wenn ich zum bsp meine körperlichen belastungsgrenzen kenne, bin ich in diesem fall mir selbst bewusst. wenn ich das an diesem physischen bsp. festmache, ist die voraussetzung das wissen über meine körperlichen grenzen und das bewusstsein wenn ich sie spüre also gegenwärtig erkenne. ich bin mir also bewusst das ich an meiner grenze bin oder noch 50% reserven habe. diese eindrücke können leicht getrübt werden durch übertriebenen ehrgeiz oder mangelndes selbstwertgefühl, bzw überschätzung der situation.

das gilt im weitesten sinne auch für die psychischen aspekte. ich bin mir selbst bewusst, wenn ich innere und äußere einflüsse voneinander trennen kann und von meinungen unbeeinflusst meinen eigenen wert erkenne. insofern ist dein *mediales selbstbewusstsein* wie du es beschreibst durchaus keine heuchelei. schließlich kannst du nicht erwarten das du perfekt bist. du glaubst das du fehler hast, aber das liegt nur an deiner meinung von diesen eigenschaften. es ist eine externe bewertung, abhängig von trends und gesellschaftlichen zwängen. letztendlich kannst du sie nicht ändern, also musst du sie akzeptieren. wenn du es als teil von dir erkennst bist du dir dessen bewusst und gehst damit selbstverständlicher um - was wiederum selbstbewusstsein ausmacht.

Das Selbstbewusstsein ist im eigentlichen Sinne eine Definition von äußerlich aktiver Erscheinung – sein Auftreten ist stets stark nach außen geneigt und somit extrovertiert. Der Mensch versteht etwas vom Leben – er wird von seinen Mitmenschen akzeptiert und erlangt so auch viel mehr ein Gefühl des lebendigeren Lebens.

Hingegen ist ein introvertierter Mensch, einer, der wenig Vertrauen zu seinen Mitmenschen und auch nur wenig Vertrauen in sich selbst hat.

Huhu.

Für mich ist "Selbstbewusstein", dass ich genau weiß, was mir gut tut, aber eben auch, was für mich eher schädlich ist. Mit welcher Art Mensch ich zum Beispiel gut auskomme oder welche Sportart mir besondere Freude bereitet.

Wenn ich mir meiner Stärken bewusst bin und weiß, wie ich Situationen, in denen meine mir möglicherweise unangenehmen Schwächen (Basteln z.B.) zu Tage kommen würden meiden könnte, ist das für mich eine gute Definition von Selbstbewusstsein.

Vielleicht gewinne ich daraus ja auch Mut und vertraue mir mehr selbst, denn irgendwie gehören "Selbstbewusstsein" und "Selbstvertrauen" für mich zusammen.