Nach Ewigkeiten mal wieder ein Post von mir, da mein Browser endlich mit der (inzwischen nicht mehr ganz so) neuen Forenversion zurechtkommt. :-D

Antwort auf: Ringu
Gott ist, wenn existent, allwissend. Dem Sinn entsprechend müsste er also das Ende des Films kennen. Wenn er allwissend wäre, dann hätte er einen Plan. Dann müsste er einen Plan haben. Stell dir vor du wärst allwissend, kleines Experiment. Ich sage dir, du hättest einen Plan. Und wenn Gott existent wäre, hätte er ebenfalls einen.

Je nachdem, wie du "Plan" definierst, würde ich dir hier widersprechen. Ich glaube an einen allwissenden Gott, und als Resultat dessen glaube ich nicht an freien Willen (einer, nicht der einzige, Punkt in dem sich mein Glaube stark vom christlichen unterscheidet); trotzdem würde ich nicht unbedingt von einem "Plan" Gottes reden. Wenn du "Plan" so definierst, dass jemand das Endergebnis kennt und nicht eingreift, um dieses zu verändern, gut, dann ist alles was geschieht in der Tat von Gott geplant. Ich würde da allerdings von "gewollt", nicht von "geplant" reden. Es ist meinem Glauben zufolge nicht so, dass Gott als Mikromanager jedes kleine Ereignis durchplant - das ist gar nicht nötig. Die vollständige Determinierung mit Gott als erster Ursache hebt jeden freien Willen auf, selbst wenn Gott "nur" den Urknall gezündet und die Naturgesetze aufgestellt hat; er muss nicht auch noch in jeder Nanosekunde die Elektronen anstupsen damit sie sich um den Atomkern drehen. ;-)

Völlige Zustimmung hast du von meiner Seite aber zu der These, dass wir über Gott nichts wissen können. Wer aber meine früheren Posts noch kennt, wird sich erinnern, dass ich diese Aussage für banal halte, da wir ohnehin (fast) gar nichts über irgendwas wissen können. Insofern muss jegliches ethische System auf Glauben basieren, egal ob es nun expliziter klassisch-religiöser Glaube ist oder nicht. Aus reinem "Wissen" heraus lässt sich nur die "Ethik" der Nietzscheschen Übermenschen begründen, auch zusammengefasst in Crowley's Satz "Tu was du willst, dies sei das einzige Gesetz." Wenn Gott nicht existiert, ist der Weg, den Übermenschen à la Hitler, Stalin, Mao gegangen sind, echt vorbildhaft im Sinne von Selbstverwirklichung und Wille zur Macht; Menschenrechte sind in diesem Fall eine Fabrikation der Sklavenmoral derer, die zum Übermenschentum einfach zu schwach sind. (Einen Atheisten, selbst einen Agnostiker, der dem nicht zustimmt, halte ich für inkonsequent in seinen Ansichten.) Echt soziale Ethik benötigt zwingend den Glauben an ein unbewiesenes und unbeweisbares "Größeres", und dieses "Größere" Gott zu nennen ist letztlich so gut wie jeder andere Name.

Wobei eins klar sein muss: Gott, wie ich ihn verstehe, begründet soziale Ethik, aber fordert sie nicht ein. Auch unethisches, antisoziales Verhalten ist von Gott gewollt (s.o.), und Jesus und Buddha "sitzen im Himmel auf derselben Wolke" wie Hitler und Stalin. Ein Gott, der allwissend ist, kann nicht sinnvollerweise gleichzeitig moralisch sein; insofern ist der Gott an den ich glaube kein Richter, sondern wie in den bereits angeführten Metaphern entweder Regisseur/Drehbuchautor, oder auch Experimentleiter (nicht im Sinne dessen, neues Wissen im Experiment zu erlangen, sondern im Sinne der Überführung theoretischen Wissens in praktische Erfahrung - so wie ein Schüler im Chemieunterricht die Experimente durchführt, obwohl er bereits im Textbuch nachlesen kann, wie sie ausgehen werden). Die Liebe, Gnade und Güte Gottes besteht darin, dass nichts, was in dieser Welt geschieht, letzlich von Belang ist, weil in einem vollumfänglich so von Gott gewollten und bejahten Kosmos kein "echter" Schaden entstehen kann. (Die Toten und Verstümmelten im Horrorfilm sind ja letztlich nur Schauspieler, die hinterher zusammen mit den Zombie-Schauspielern auf der Aftershowparty feiern werden. ;-) )