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"Frontalunterricht macht klug." - #2532159 - 16.12.2012, 18:58:22
Wacken Open Air
Nicht registriert


Hallo,

bei Facebook kam in meinem Freundeskreis gerade folgender Artikel mehrfach zur Sprach: Frontalunterricht macht klug


Zitat:
In der Empirie finden die Reformpädagogen allerdings wenig Legitimation: Kinder lernen immer noch am besten, wenn man sie in guter alter Manier frontal unterrichtet. Das haben Bildungsökonomen in einer groß angelegten Analyse herausgefunden. Zwar nicht für Deutschland, sondern für die Vereinigten Staaten, weil es dort eine Unmenge qualitativ guter Daten gibt. Die Aussage ist aber eindeutig: Frontalunterricht bringt mehr als problemorientierter oder gar offener Unterricht.


Der Titel wirkt erstmal total reißerisch, aber der Artikel ist durchaus vielschichtiger.


Zitat:
Götz Bieber, Leiter des Landesinstituts für Schule und Medien Berlin-Brandenburg sträubt sich gegen die Erkenntnisse zum Frontalunterricht. „Diese Form ist eine risikoreiche Methode, Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, effektiv zu lernen.“ Schließlich wisse man als Lehrer nach so einer der Schulstunde nicht genau, was die Kinder wirklich gelernt haben. „Unterrichte ich nur nach dieser Methode“, sagt Bieber, „erreiche ich eine Reihe von Kindern möglicherweise nicht.“


Zitat:
„In Finnland wird vorwiegend nach dieser Form unterrichtet“, sagt Felten. Und Finnland gilt - vor allem wegen seiner Schulleistungseffizienz - als das Referenzland schlechthin. Deutschland hingegen propagiert Eigeninitiative, Partnerarbeit, Selbstkontrolle. Die Lehrperson scheine beinahe überflüssig zu werden, klagt Felten, ganz anders als in Finnland. Der Vollblutpädagoge Felten meidet den Begriff des Frontalunterrichts, der ein bisschen nach Schwarzer Pädagogik klinge, und spricht lieber von starker Lehrersteuerung. „Im Zentrum des Geschehens muss der Lehrer stehen.“ Wenn dieser in das Zentrum seines Handelns wiederum den Schüler stellt, lernt dieser am meisten. Der gute Lehrer als Welterklärer - nichts anderes haben Schwerdt und Wuppermann herausgefunden.




Ich selber kann aus eigener Erfahrung heraus nur sagen: sobald der Lehrer sich zurückzieht (Gruppenarbeit), arbeiten nur zwei Leute in einer 5-Leute-Gruppe. Am Ende steht dann aber eine Gruppenbenotung, da ein Lehrer nunmal die einzelne Leistung nicht realistisch bemessen kann. Und das ist dann frustrierend.

Die Lehrer sollten nicht all zu passiv werden - für das Stärken von Selbstbewusstsein und Selbstständigkeit gibt es Erzieher, die eine andere Arbeitsweise und andere Bildungsziele verfolgen. Genau so wie ich als Erzieher keine Lehramts-Methoden verwenden sollte, sollten Lehrer nicht zu Erzieher-Methodik gezwungen werden.

Es sind nunmal andere Arbeitsfelder.

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Re: "Frontalunterricht macht klug." [Re: ] - #2532171 - 16.12.2012, 19:51:23
Chr1si 15

Registriert: 01.02.2006
Beiträge: 2.889
Antwort auf: Wacken Open Air

Ich selber kann aus eigener Erfahrung heraus nur sagen: sobald der Lehrer sich zurückzieht (Gruppenarbeit), arbeiten nur zwei Leute in einer 5-Leute-Gruppe. Am Ende steht dann aber eine Gruppenbenotung, da ein Lehrer nunmal die einzelne Leistung nicht realistisch bemessen kann. Und das ist dann frustrierend.


exakt so ist es, jedenfalls ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich hoch, wenn man die Gruppen random verteilt. Hatte sogar mal das Vergnügen, so gut wie alleine zu arbeiten für 5 Leute, aber gut, bei mir waren die Lehrer so schlau und wussten, wer in einer Gruppe Leistungsträger ist und wer sich nur mitziehen lässt.

Selbst in der Uni kann das passieren, wenn es dumm läuft.

Daher fand ich Frontalunterricht auch immer am besten oder halt Arbeiten zu zweit, wo man sich seinen Partner aussuchen konnte. Frontalunterricht bedeutet ja auch nicht, dass da einer vorne steht und aus einem Buch "vorliest" ( wie in der Uni manchmal %-) ), es gibt genug Methoden um den Frontalunterricht ansprechend zu gestalten. Erkenntnisse aus der Forschung über den Lernleistung ist bei mir jetzt nur bekannt, dass man visuelle und akustische Elemente einbeziehen soll, um einen großtmöglichen Lerneffekt zu erreichen und natürlich Wiederholung.

Und dagegen spricht der Frontalunterricht ja nicht...
_________________________
I amar prestar aen.

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Re: "Frontalunterricht macht klug." [Re: Chr1si 15] - #2532317 - 17.12.2012, 13:27:29
Jennyhamster
Nicht registriert


Gruppenarbeit kam bei mir persönlich garnicht sooo oft vor.

WENN man dann aber alle zumindest teilmotiviert hatte (klappte nicht immer, zugegeben, aber doch recht oft), war es ein "Notenpush" für die schlechteren Schüler, die sowas sicher auch mal gebrauchen können, ohne den besseren Schülern allzu viel zu nehmen.

Das ging dann quasi so, dass die Gruppe nur die halbe oder gar drittel Zeit intensiv arbeitet, um eine sichere 2 zu bekommen, den Rest der Zeit kann man dann irgendwelchen Blödsinn machen. Das kann man eben gut vermitteln.

Da es aber um Minimalismus geht und die besseren die schlechteren natürlich auch ein bissel "mitgezogen" haben, ist der Lerneffekt gering bis Null, abgesehen von dem sozialen Lerneffekt, ist ja auch nicht ganz falsch.

Möglicherweise wäre das anders gewesen, wenn es sehr oft Gruppenarbeit gegeben hätte, kann ich nicht beurteilen, aber so war es eben eher etwas, um die schlechteren Schüler zu begünstigen, kam meist gegen Ende des Halbjahres und hat denen insofern auch oft geholfen, den Notenschnitt zu verbessern.

Tja,wie gesagt eher was soziales, von den Lehren meiner Meinung nach auch bewusst so ähnlich eingesetzt.


Bearbeitet von Jennyhamster (17.12.2012, 13:32:52)

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Re: "Frontalunterricht macht klug." [Re: ] - #2533311 - 20.12.2012, 19:37:37
Camembert-Coulant
Nicht registriert


Wichtig ist es erstmal, von welchem Unterricht spricht ihr denn? Deutschunterricht, Geschichte oder Sprachen?

Ich kann meinen Erfahrungen nach über den Fremdsprachenunterricht reden, und schonmal sagen: das ist völliger Quatsch.
Der Frontalunterricht hat der große Vorteil, ganz einfach zu sein: der Lehrer erzählt irgendwas, und fragt Schüler, eine Übung zu lösen. Ist die Frage richtig, wird einen anderen Schüler gefragt, ist sie falsch, dann kann der Lehrer für diesen Schüler UND für alle anderen erklären.

Nur besteht ein Fremdsprachenunterricht aus 4 Fertigkeiten einer Sprache: Sprechen, Hören, Schreiben und Lesen. Wie sollen alle diese 4 Fertigkeiten durch einen Frontalunterricht denn bitte geübt werden? Das ist nicht möglich. Erstmal für die Fertigkeit "Sprechen", muss eine Interaktion mit einer anderen Person stattfinden. Das ist bei einem Frontalunterricht zwar möglich (Lehrer-Lerner-Interaktion), aber dies nimmt enorm viel Zeit in Anspruch und hat wenig Sinn. Außerdem MUSS ein Unterricht Spaß machen, und dies geht gar nicht, wenn der Schüler so rumsitzt.

Gruppenarbeiten gibt es nicht, damit Lehrer mal ihre Ruhe haben... ich habe bei meiner Tätigkeit als Lehrerin schon mit Rollenspielen gearbeitet, und ich kann sagen: wenn das Spiel gut durchgedacht ist, wirkt es Wunder. Die Schüler sprechen die Zielsprache und haben viel Spaß. Spaß bringt Motivation mit, und Motivation ist das A und O des Fremdsprachenlernens!
Natürlich haben wir alle erlebt, wie eine Gruppenarbeit mit 5 Personen anfängt, und endet mit 2. Das ist blöd und man kriegt eine schlechte Note. Erstmal: nicht alle Gruppenarbeiten sind benotet. Im Fremdsprachenunterricht ist meistens eine Gruppearbeit nur für eine Übung, also 20 Minuten, und es wird keinesfalls benotet. Zweitens: die Schüler lernen somit, in Team zu arbeiten und denken. Das ist sehr wichtig, denn bei der Arbeit später wird man sowieso in Team arbeiten müssen! Wie Jennyhamster schon sagte, es hat eindeutig was Soziales. So lernt man, mit anderen Leuten zu arbeiten, klarzukommen und zusammen etwas zu erreichen.

Ja, noch was: nicht alles, was aus Skandinavien kommt, kann die Welt retten :)

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Re: "Frontalunterricht macht klug." [Re: ] - #2534681 - 24.12.2012, 21:36:10
The-Spirit-of-Trees
​Hokage

Registriert: 08.04.2003
Beiträge: 6.422
Ort: Im Wald, hinterm Baum gleich l...
Hi,

also, ich persönlich denke, dass eine Art von Frontalunterricht immer noch zum besten Ergebnis führt. Gruppenarbeit war mir von jeher suspekt, und ich habs immer furchtbar gefunden. (Gut, inzwischen kann ich mich auch gut genug organisieren)

Hab es auch jetzt im Studium an der Hochschule gemerkt - am effektivsten finde ich es, wenn der Lehrer vorne die Grundsätze erklärt, die Klasse aber viel mit einbezieht, Fehler machen lässt und zeigt, wo das ganze hinführt. Da ist der Lerneffekt wohl ziemlich hoch. Wer sowieso nichts lernen will, wird auch bei ner Gruppenarbeit nichts machen und nicht wirklich was leisten, und wer was lernen will, ist bei so nem Modell doch sehr gut dabei. So macht das Lernen auch Spaß.

Was den Fremdsprachenunterricht angeht... mh. Irgendwo versteh ich den Gedankengang von meinem Vorposter. Ich lerne auch gerne Sprachen, nur mit Französisch hab ich echt Probleme (Ich mags zugegebenermaßen auch nicht). Englisch war so, dass der Lehrer viel gesprochen hat - dadurch hat man es gehört und n bisschen auch rausgekriegt, wie man sich da rantasten kann. Ansonsten... mh. kommt immer auf die Größe der Klasse an. Im Gymnasium und auch jetz im Studium ist das eigentlich immer viel Konversation mit Lehrer + Klasse/Kurs gewesen, natürlich vom Lehrenden gelenkt, aber eben so, dass es kein kompletter Frontaluntericht war. Läuft so auch sehr gut. Lesen und Schreiben sind eben nochmal die Vorstufe dazu... Und das gabs entweder als Hausaufgabe, oder (wenn man gerade anfängt, eine Sprache zu lernen) eben so in der Schule - in der Situation braucht man dann aber auch einen gewissen Grad Frontalunterricht, damit man einen Einstieg finden kann. So oder so, ist das immer n bisschen mit dabei und auch gar nich so falsch, wie ich das sehe.


Thommy
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That's my way of the ninja.
A smile is the best way to deal with difficult situations, even if it's a fake one.

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Re: "Frontalunterricht macht klug." [Re: The-Spirit-of-Trees] - #2538047 - 05.01.2013, 18:47:44
Camembert-Coulant
Nicht registriert


Huhu,

ich habe es vielleicht nicht so ganz gut ausgedrückt: Frontalunterricht ist wichtig. Ohne Frontalunterricht ist keine Erklärung möglich (der Lehrer ist schließlich die Person, die "alles" weiß), aber nur Frontalunterricht ist ja auch keine Lösung, das habe ich schon erklärt warum.
So wie du's erklärt hast, muss erstmal der Lehrer die Grundsätze erklären, damit der Lernende überhaupt damit was anfangen kann und mehr oder weniger autonom was daraus macht. Das gilt für Sprachen umso mehr, dass der Lernende dann die Grammatik zB erstmal erklärt bekommen muss, um eigene Sätze formulieren zu können.

Während meines Studiums wurde uns mehrmals gesagt: die Motivation ist das A und O. Wer nicht motiviert ist, wird es nie lernen. Wahrscheinlich aus diesem Grund hast du The-Spirit-of-the-Trees nie richtig Französisch lernen können: du wolltest es einfach nicht. Und das ist nicht schlimm! Eher schade ;-)

Die Fertigkeiten 'Lesen' und 'Schreiben' sind die am besten passenden Fertigkeiten für einen Frontal- bzw. Einzelunterricht. Wir kennen das alle im Form einer Hausaufgabe, wie Verben konjugieren im Lückentext oder ein Aufsatz über den eigenen Urlaub auf Englisch schreiben.
Nur: eines Tages wird man schon sprechen müssen. Und entziffern, was der "Einheimische" sagt. Das ist mit einem Frontalunterricht zwar möglich (die Kassette läuft, man hat Frage zu beantworten und ausgewählte Kursteilnehmer beantworten dies im Plenum), aber richtig öde. Oder findet ihr das toll, eine Sprache zu lernen, die ihr NIE anwendet?! Genau deswegen gibt es auch Gruppenarbeiten oder Einzelarbeiten, wie zB etwas vor der Klasse vorzutragen. Für uns als Kind zwar der Horror schlechthin, aber als zukünftige Lehrerin habe ich erfahren, dass diese Arbeit alles außer sadistisch ist :)

Ich komme zu dem selben Schlus wie mein Vorposter: Frontalunterricht kann man nicht vermeiden. Das muss sein und ist in der Regel effektiv, aber NICHT alleine. Ein Unterricht muss abwechslungsreich sein, sowohl in seinem Inhalt wie auch in seinen Methoden.

(Gruß dich Naruto-Fan!)

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Re: "Frontalunterricht macht klug." [Re: ] - #2561509 - 23.03.2013, 18:35:04
unnaboy1991

Registriert: 17.03.2008
Beiträge: 5.891
In meiner Ausbildung habe ich derzeit den direkten Vergleich im Französisch-Unterricht: Zwei Französisch-Lehrerinnen, eine ältere Dame alter Schule, Französin, und eine Jüngere, recht frisch von der Uni.
Die ganzen mehr oder minder „neumodischen“ Methoden verschwenden in meinen Augen nur Zeit. Es werden 20 Gruppenarbeitsmethoden im Laufe eines Schuljahres an uns ausprobiert, der Lerneffekt ist minimal. Dagegen ist der, meist verpönte, Frontunterricht der Grande Dame des Französischen ( :-D ) extrem effektiv, Zwischenprüfungen in diesem Teilbereich werden auch von den leistungsschwächeren Schülern relativ gut bewältigt.
Solche Eindrücke sind selbstverständlich subjektiv und nicht ohne weiteres zu verallgemeinern. Auch kann man den reinsten Frontalunterricht sicherlich verbessern. Die Versuche, eine absolute Selbstständigkeit zu erwirken wird im Groß aller Klassen und Kurse allerdings zu einem Zeitverlust führen und auch grundsätzlich ausreichend gute Schüler herabziehen, zumindest solange von außerhalb gestellte Prüfungen anstehen, was mittlerweile nun fast überall der Fall ist, sei es über ZAPs, Zentralabitur oder Prüfungen seitens der IHK.


Bearbeitet von unnaboy1991 (23.03.2013, 18:35:12)

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Re: "Frontalunterricht macht klug." [Re: unnaboy1991] - #2567200 - 07.04.2013, 17:40:12
vW2

Registriert: 12.05.2004
Beiträge: 6.610
Mich nervte in der Schule auch die Einstellung mancher Lehrer, dass man sich "alles selber beibringen" soll. Wozu hat man dann die Lehrer? Freiweillig bringen sich wohl die wenigsten etwas bei, was sie nicht interessiert, aber gefordert wird ^^

Anderseits, reiner Frontalunterricht ist auch schrecklich. Wenn ein Lehrer nur was erzaehlt, dann schalte ich eh irgendwann ab, das ist einfach sterbenslangweilig! In der Schule hatte ich mündlich nur selten Ahnung worum es geht - 2 Tage vor der Klausur lernen hat eigentlich immer für ne 2 gelernt ;-). Im Studium ist das auch nicht anders... Das meiste lerne ich zuhause, indem ich mir das selber anschauen kann... In der Uni haben wir manchmal Vorlesungen von 8:00 - 17:00, Anwesenheitspflicht. Da hört nachher niemand mehr zu, dazu ist ja auch kaum jemand in der Lage...;-)

Am meisten lernt man meiner Meinung nach durch interaktiven Unterricht, wo man selber Beiträge leisten kann. Sei es durch Frage-Antwort, praktische Aufgaben oder Experimente. Das macht dann auch spaß, und Übung macht den Meister!.

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