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"Into the wild" - Die Suche nach dem Glück * - #2442119 - 29.04.2012, 21:23:46
Ringu
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Hey,

ich möchte in diesem Thread das Thema Glück auf Basis des Buches bzw. Filmes (ich kenne sowohl die literarische als auch die visuelle Darstellung, wobei die des Films natürlich auf der Lektüre beruht) "Into the wild" diskutieren. Da diesen sicherlich viele nicht kennen, werde ich diesen an dieser Stelle nochmal erläutern.

Warnung! Spoiler! (Spoileralarm)
Zunächst einmal: Das Buch basiert auf der Biografie von John McCandless, die Ereignisse sind also authentisch.
Der Film handelt von einem intelligenten, jungen Mann, der gerade sein Studium beendet hat und sich entschließt, sich der Zivilisation zu entziehen, gen Westen zu ziehen, um als absoluten Höhepunkt nach Alaska zu reisen, wo er ohne zivilisatorische Hilfe überleben will. Letztlich stirbt er jedoch mit 24 Jahren.

Ich mache seine Geschichte deshalb zum Gegenstand dieses Threades, weil er mich sehr fasziniert. Er war nicht bloß ein Abenteurer, der irgendwo und irgendwie den Adrenalienkick gesucht hat; sicherlich hat auch das Gefühl des intensiven Erlebens bei ihm eine sehr große Rolle gespielt, doch seine eigentliche Intention ist sehr viel tiefer. Er war auf der Suche nach sich selbst, nach totaler Freiheit, außerhalb der vergiftenden, indoktrinierenden Einflüsse der Gesellschaft. Bezeichnend wäre hier seine Aussage (er hat Tagebücher geschrieben) "Karrieren sind eine Erfindung des 19. Jahrhunderts." Vom westlichen Lebensstil hielt er also nicht viel, materiellen Überfluss negiert er, gemäß seiner Aussage "Meine Tage waren aufregender, als ich kein Geld hatte."

Meine Fragen nun: Was haltet ihr von dieser Art der Suche nach persönlichem Glück? Könntet ihr euch auch von der Idee eines gesellschaftlichen Ausstiegs zu Gunsten eines Leben inmitten einer unbarmherzigen Natur überzeugen lassen?



Bearbeitet von chrixix (29.04.2012, 21:37:04)
Bearbeitungsgrund: Gespoilert, da nicht wirklich fein, wenn man das Buch noch lesen will oder den Film schauen möchte.

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442148 - 29.04.2012, 21:56:42
Xon
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Guten Abend,

ich habe mir diesen Film vor gefühlten drei Jahren das aller Erste Mal angeguckt und war von diesem Meisterwerk begeistert. Ein grandioser Soundtrack, gepaart mit einer ruhigen und schönen Kameraeinstellung und natürlich die schönen Naturaufnahmen.

So, genug zum Film, ich möchte ja auf deine Frage eingehen. In meinen Augen ist ein Leben ohne Geld und Identität nicht mehr möglich, denn überall muss man zeigen wer man ist und Geld ist einfach ein wichtiges '' Mittel '' um zu überleben. Die Person im Film ist ein schlaues Kerlchen mit besten Aussichten für die Zukunft doch er wirft alles weg, wirklich alles.... Ich kann sowas nicht verstehen. Natürlich ist es sicherlich ein Adrenalinkick und Abenteuer wie man im Film sieht, aber ob das auf Dauer gut geht? Ich würde ganz klar sagen: nein.

Hoffe man versteht ungefähr was ich sagen möchte...

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442149 - 29.04.2012, 21:56:54
Herr Tod
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Warnung! Spoiler!
Zitat:
Der Film handelt von einem intelligenten, jungen Mann


Soweit ich weiß ist diese Intelligenzbestie letztendlich doch verhungert, weil er sich eine zu alte Karte von dem Gebiet, in dem er eins mit der Natur werden wollte, besorgt hat. Auf der neuen wäre eine Brücke eingezeichnet gewesen, die sein Leben gerettet hätte. Bitte korrigieren, falls ich mich da irre.


Generell finde ich die Tendenz zwar gut, halte das eine Extreme jedoch für genauso schädlich wie das andere. Viele, die dem Ruf der Wildnis folgen, vergessen, dass bei all der bösen Industrie die Menschheit viel gutes hervorgebracht hat. Es wird nur zu oft missbraucht. Anstatt nach draußen in die Einsamkeit zu ziehen, sollte man die Menschen vielleicht dazu bringen, auf den Missbrauch des Fortschritts zu verzichten und fortschrittlich mit der Natur in der Natur zu leben. Natur und Fortschritt ist für mich nämlich kein Widerspruch. Es sollte beides zusammen möglich sein. Zumindest sollte man dies anstreben.

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442167 - 29.04.2012, 22:15:37
chrixix

Registriert: 25.10.2005
Beiträge: 12.620
Ich kann mich dem Spoiler von dem Herrn Tod übrigens voll und ganz anschließen, damit trifft er den Nagel gut auf den Kopf.
Siehe Zusatz dazu in meinem Spoiler:
Warnung! Spoiler!
Selbst wenn der gute Herr keine Karte hatte, hätte er lange genug in eine Richtung wandern können, die nicht abgesperrt ist. Dass er lieber in seinem Bus bleibt ist nicht intelligent und sehr unvernünftig. Beispielsweise hätte er auch einen höheren Berg/Hügel besteigen können, um seine Rute zu planen.
Alles leider sehr tragisch aufgrund von Unüberlegtheit geendet


Zur Botschaft selbst:
Into the Wild ist einer der inspirierendsten Filme, die ich sah. Ich habe ihn, wenn man meine Beiträge im Forum verfolgt, vor ein paar Wochen nochmal geschaut und war natürlich wieder hin und weg, was teilweise auch an dem tollen Soundtrack liegt, den ich auch gerne nebenbei höre und damit quasi emotional noch mehr mit dem Film verbinde.

Was mir gefällt ist der Grundcharakter von Chris. Er ist weltoffen, lernbegierig, will mehr erfahren, will auch Einsamkeit erfahren und das Positive darin finden, will entdecken und will Natürlichkeit finden. Aber wie mein Vorposter sagt, es ist nur die Tendenz die ich wirklich mit Chris teilen kann. Dieses extreme Abenteuer, das Verschenken von so viel Geld, das von einem Tag in den anderen Leben mag zwar alles spannend erscheinen, aber wie lang hält das an? Er ist zu intelligent, zu wissbegierig und zu sehr an der Freude des sozialen Lebens interessiert, um zu glauben, dass er dauerhaft das Abenteuer Alaska leben kann. Am Ende wollte er Alaska ja auch verlassen, - was dann? Was macht man dann, wenn man wieder zurück ist? Wieder die Eltern anpumpen, weil man unnötigerweise alles verbrannt und verschenkt hat? Wir wissen ja, dass die Unis in Amerika nicht zu den günstigsten gehören. Nicht, dass die Spende nicht gut wäre, nicht dass die Eltern nach so langer Ungewissheit gewiss ihr letztes Hemd für den Jungen gäben, allerdings ist das nunmal der Knackpunkt im Film, über dem man beim Gucken stolpert. "Würde ich das auch machen? Warum nicht einfach auf der Bank lassen, stört ja keinen".
Wenn ich micht Recht erinnere, sind seine Eltern aber sowieso vermögend, was wohl auch ein Grund für seine "einfache" Entscheidung hat sein können, wenn auch zwar nur unterbewusst.

Dieses Extreme, was viel Inspiration bietet, worin die Kraft des Filmes/Buches liegt, ist teilweise auch viel zu naiv. Zu idealisiert und Idealismus ist nicht das, worauf man seine Wüsche und Ziele aufbauen sollte. Nichtsdestotrotz kann ich den Film (und gewiss auch das Buch, das ich leider nicht las) weiterempfehlen, einfach um geistig ein wenig neue, frische Luft zu atmen und vielleicht mal wieder seine Wünsche und Ziele neu zu justieren.

Klar, der Mensch kam ohne Geld und Karrieren auf die Welt und die Anlage, Glück zu empfinden, hatte er damals schon. Es ist also nicht nötig, dieses Leben zu leben, um Glück zu erfahren. Aber es ist ebenso nicht nötig, so zu leben wie der Herr Supertramp es versucht hat.
Glück und vor allem Zufriedenheit ist zu subjektiv, als dass man eine gute Aussage darüber treffen könnte, mit der man jemanden zufriedenstellen kann. Allerdings ist aus meiner Sicht Zufriedenheit das, worauf dauerhaftes Glück zusteuert und darum genau das, was den Begriff "Sinn des Lebens" gut ersetzt.

Der Beitrag wirkt leicht zerstreut, am besten ende ich ihn hier mal vorerst. *g*

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: chrixix] - #2442489 - 30.04.2012, 16:16:38
Ringu
Nicht registriert


Zu der Sache mit der Karte (Ich spoiler mal nicht, weil das meiner Meinung nach zum Teil seine Psyche erklärt): Ich bin mir ziemlich sicher, auch wenn ich mutmaßen muss, dass er sich bewusst für eine veraltete Karte entschieden hat. Denn hätte er gewusst, dass es zum Ersten im Umkreis von 15km mehrere Blockhütten von Ranger und zweitens flussabwärts eine Überquerungsmöglichkeit gegeben hätte, wäre die Wildnis für ihn de facto keine mehr, da er wüsste, dass es gewisse "Sicherheiten" gibt, auf die er sich im Notfall besinnen kann. In der wilden Natur bist aber nur Du deine einzige Sicherheit. Deswegen lehnt er doch auch Geld und andere materielle Güter ab. Insofern hat das für mich nichts mit mangelnder Intelligenz noch mit Naivität zu tun, sondern viel mehr mit eiserner Konsequenz.

Antwort auf: Herr Tod
Anstatt nach draußen in die Einsamkeit zu ziehen, sollte man die Menschen vielleicht dazu bringen, auf den Missbrauch des Fortschritts zu verzichten und fortschrittlich mit der Natur in der Natur zu leben.

Nun kann man es wohl kaum einem Menschen zur Aufgabe machen, andere in seinem Sinn zu erziehen. Und viele Menschen ziehen die Einsamkeit der Gesellschaft vor, gemäß dem Zitat (aus seinem Tagebuch): "Doch Sie haben unrecht, wenn sie denken, die Freude im Leben würde hauptsächlich aus menschlichen Beziehungen erwachsen. Gott hat sie überall um uns angelegt. Sie steckt überall drin, in allen Dingen, die wir fähig sind, zu erfahren. Die Menschen müssen nur ihre Sichtweise auf diese Dinge verändern."

Außerdem ging es McCandless doch gar nicht vorrangig um die böse Industrie; sicherlich war das mit ein Beweggrund. Ihn kotzte die Gesellschaft im Allgemeinen an, dass jeder jeden übertrumpfen will, besser sein will, egal, was es kostet und wie viele andere Menschen er dadurch unglücklich macht. Ums mal grob zu formulieren. Die Konsequenz, die er daraus zieht, finde ich dann folgerichtig.

Antwort auf: chrixix
Dieses Extreme, was viel Inspiration bietet, worin die Kraft des Filmes/Buches liegt, ist teilweise auch viel zu naiv. Zu idealisiert und Idealismus ist nicht das, worauf man seine Wüsche und Ziele aufbauen sollte.

Und das ist der Punkt, wo Du (und Herr Tod wahrscheinlich auch) und ich nicht übereinkommen werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wenn man Träume hat, unerheblich, wie irrational und unrealistisch sie anderen Menschen erscheinen mögen (mal von wirklich unmöglich Praktikablem abgesehen), sollte man sie realisieren. Es sind doch immer wieder nur die Konventionen und der gesellschaftliche Zwang, sich an Institutionen zu binden, die einen nur an der Verwirklichung seiner Träume hindern. Zu nennen sind hier primär Eltern, deren und letztlich auch die staatliche Erziehung, die logischerweise auf eine optimale Eingliederung in die Gesellschaft abzielt. Und die Menschen vernachlässigen mit der Zeit ihre echten Ziele, schieben sie auf, weil sie denken, sie würdens dann später vllt. nochmal machen (Quatsch) oder sie überbewerten dann im Alter die Meinungen anderer Menschen (OMG, die Nachbarn). Sie passen sich an, verfallen dem Alltagstrott und die einzige Quelle neuer Erfahrungen sind die RTL II News. Ich weiß, ich schweife ein wenig ab, aber das ist meiner Auffassung nach das Kernproblem. Der fehlende Idealismus, die Ignoranz höherer Ideale und der platte Realismus, sich "eben anzupassen". Wünsche sollte man aber nicht anpassen. Man sollte sie leben, denn später wird man unweigerlich unglücklich sein, in dem Wissen, einen Traum nicht verfolgt zu haben. Und selbst wenn man auf dem Weg scheitert, wie McCandless: Er hat viel neues erlebt, unglaubliche Menschen kennengelernt und mit seinen 24 Jahren wahrscheinlich ein erfüllteres Leben gelebt, als viele andere Menschen.

Antwort auf: Xon
Die Person im Film ist ein schlaues Kerlchen mit besten Aussichten für die Zukunft doch er wirft alles weg, wirklich alles.... Ich kann sowas nicht verstehen.

Nun, wenn er aber sein Geld bei der Bank belassen hätte und sich generell noch rückversichert hätte, dann hätte er sich nicht in der Intensität in die Natur begeben können bzw. hätte sie nicht so tief erlebt, wenn er weiß, eine Rückkehr und ein Neubeginn in der zivilisierten Welt ist zu jeder Zeit möglich. Seine Absichten wären aus seiner Perspektive nicht mehr "rein und authentisch" gewesen, sondern heuchlerisch. Wenn überhaupt, dann richtig. So könnte sein Motto gelautet haben.



Bearbeitet von chrixix (30.04.2012, 16:45:21)
Bearbeitungsgrund: Zwei Beiträge zu einem gemacht

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442633 - 30.04.2012, 20:26:21
Herr Tod
Nicht registriert


Antwort auf: Ringu
Zu der Sache mit der Karte (Ich spoiler mal nicht, weil das meiner Meinung nach zum Teil seine Psyche erklärt): Ich bin mir ziemlich sicher, auch wenn ich mutmaßen muss, dass er sich bewusst für eine veraltete Karte entschieden hat. Denn hätte er gewusst, dass es zum Ersten im Umkreis von 15km mehrere Blockhütten von Ranger und zweitens flussabwärts eine Überquerungsmöglichkeit gegeben hätte, wäre die Wildnis für ihn de facto keine mehr, da er wüsste, dass es gewisse "Sicherheiten" gibt, auf die er sich im Notfall besinnen kann. In der wilden Natur bist aber nur Du deine einzige Sicherheit. Deswegen lehnt er doch auch Geld und andere materielle Güter ab. Insofern hat das für mich nichts mit mangelnder Intelligenz noch mit Naivität zu tun, sondern viel mehr mit eiserner Konsequenz.


Eiserne Konsequenz wäre dann doch gar keine Karte gewesen?


Antwort auf: Ringu
Nun kann man es wohl kaum einem Menschen zur Aufgabe machen, andere in seinem Sinn zu erziehen


Warum nicht? Bzw. warum sollte man selbst das nicht für sich beschließen? Hätte es das in der Geschichte nicht gegeben, wären der Gesellschaft fundamentale moralische Errungenschaften verlorengegangen, denkt man z.B. an Martin Luther King.

Antwort auf: Ringu
Ihn kotzte die Gesellschaft im Allgemeinen an, dass jeder jeden übertrumpfen will, besser sein will, egal, was es kostet und wie viele andere Menschen er dadurch unglücklich macht. Ums mal grob zu formulieren. Die Konsequenz, die er daraus zieht, finde ich dann folgerichtig.


Was war die Konsequenz? Weglaufen. Sich abspalten. Die Folge: Ein früher, unschöner Tod für ihn, ein Nullnutzen für die Gesellschaft. Er handelte selbst egoistisch, indem er diesem Fehler der Menschheit einfach den Rücken zukehrte und sich zurückzog. Würde ihm etwas an anderen liegen, hätte er wohl versucht, etwas am System zu ändern.

Antwort auf: Ringu
Und das ist der Punkt, wo Du (und Herr Tod wahrscheinlich auch) und ich nicht übereinkommen werden. Ich bin der festen Überzeugung, dass wenn man Träume hat, unerheblich, wie irrational und unrealistisch sie anderen Menschen erscheinen mögen (mal von wirklich unmöglich Praktikablem abgesehen), sollte man sie realisieren.


Ich stimme mit dir überein, dass man seine Träume verfolgen sollte, allerdings sollte man dabei auch fähig sein, realistisch zu denken. Es nützt dir nichts, wenn du alle deine Aktivitäten auf eine Utopie ausrichtest. Ich meine klar, theoretisch ist so gut wie alles realisierbar. Aber wenn du so denkst, wirst du deine Träume niemals verwirklichen können, da du Dinge erzwingen willst, die mit bloßem Willen nicht machbar sind. Es geistert hier im Forum ein Zitat in einer Signatur herum, das ich hierbei sehr treffend finde: Es geht nicht darum, mit dem Kopf durch die Wand zu gehen, sondern mit den Augen die Tür zu finden. Du hast sicher damit Recht, dass sehr viele Leute ihre Träume nicht konsequent genug verfolgen und sie irgendwann aufgeben, was sehr schade ist. Aber genauso wirst du aufgeben, wenn du kompromisslos versuchst, deinen Traum zu erzwingen. Denn die Welt funktioniert nicht ohne Kompromisse und genau das ist es, was Extremisten nie verstehen, ganz gleich ob es religiöse, politische oder gesellschaftliche Extremisten sind.


Antwort auf: Ringu
Und selbst wenn man auf dem Weg scheitert, wie McCandless: Er hat viel neues erlebt, unglaubliche Menschen kennengelernt und mit seinen 24 Jahren wahrscheinlich ein erfüllteres Leben gelebt, als viele andere Menschen.


Gebe ich dir Recht, hat er sicher. Aber er hat auch ein weitaus weniger erfüllteres Leben gehabt als viele andere. Eben weil er so unnötig auf der extremen Schiene gefahren ist, das kritisiere ich hier. Nicht den Grundgedanken, sondern das Radikale.


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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442665 - 30.04.2012, 21:10:08
Ringu
Nicht registriert


Antwort auf: Herr Tod
Eiserne Konsequenz wäre dann doch gar keine Karte gewesen?

Sicherlich richtig. Auch bei McCandless gibt es einige Widersprüche in seiner Person. Das will ich nicht leugnen. Wenn er z.B. davon spricht, ohne zivilisatorische Hilfsmittel zu überleben, aber mit einem relativ modernen Gewehr seine Beute macht oder wenn er von Empathie spricht, sich aber gegenüber seinen Eltern sehr kalt verhält, auch wenn das zumindest teilweise berechtigt sein mag aufgrund der diversen innerfamiliären Vorkommnisse.

Das "eisern" war in dem Zusammenhang überzogen, ich wollte nur verdeutlichen, warum er sich keine aktuelle Karte zulegte.
Antwort auf: Herr Tod
Warum nicht? Bzw. warum sollte man selbst das nicht für sich beschließen? Hätte es das in der Geschichte nicht gegeben, wären der Gesellschaft fundamentale moralische Errungenschaften verlorengegangen, denkt man z.B. an Martin Luther King.

Sicherlich kann man sich selbst diese Aufgabe geben. Dagegen sage ich auch gar nichts. Finde es sogar gut. Es klang für mich nur so und ich glaube du intendiertest das auch, dass Du die Einstellung von McCandless in dieser Hinsicht verurteilst. Und das verstehe ich wiederum nicht. Warum etwas verbessern, was man aus Prinzip ablehnt? McCandless wollte die totale Freiheit, keine Zwänge, keine Verpflichtungen. Das bietet eine Gesellschaft einfach nicht, kann sie auch gar nicht, weil sie sich sonst selbst unterminieren würde. Sicherlich ist es eine Flucht. Doch es ist seine individuelle Entscheidung. Ich persönlich respektiere sie nicht nur, sondern schätze sie sehr hoch ein, weil es nur wenige Menschen gibt, die ihre Angst vor einem Verlassen von Altbekanntem und Wohlbewährtem überwinden können. Er hatte eine individualistische Glücksvorstellung. Die Basis dafür ist meinerseits (meine persönliche Meinung, wird kurz politisch), dass jeder Mensch dieselben Chancen haben muss, sich zu verwirklichen. Es muss versucht werden, zufällige und "unrechtmäßige" Ungleichgewichte ( z.B. jmd. der in eine reiche Familie hineingeboren wird) abzubauen. Auf dieser Grundlage soll sich jeder Mensch dann selbst verwirklichen. In dem Punkt verweise ich einfach mal auf meine Signatur, wenns recht ist. :-)
Antwort auf: Herr Tod
Was war die Konsequenz? Weglaufen. Sich abspalten. Die Folge: Ein früher, unschöner Tod für ihn, ein Nullnutzen für die Gesellschaft. Er handelte selbst egoistisch, indem er diesem Fehler der Menschheit einfach den Rücken zukehrte und sich zurückzog. Würde ihm etwas an anderen liegen, hätte er wohl versucht, etwas am System zu ändern.

Ihm lag etwas an Menschen, jedoch nicht am System. Ich muss der Gesellschaft nicht nutzen. Sie will mich dazu erziehen, aber ob ich das annehme oder nicht, ist meine Entscheidung. McCandless hat sich für die Variante entschieden, die ihm einen einsamen Weg bescheren wird. Wobei er sich nicht einsam fühlte. Und wenn, dann genoss er es, denn die Beziehung zur Natur genügte ihm (er schätzte natürlich auch menschliche Gesellschaft, jedoch nur in Maßen; er wollte sich nicht binden).

Mit dem Tod hat er außerdem kalkuliert. In seinem letzten Brief an den Getreidefarmer, bei dem über über die Sommermonate angestellt war (Name ist mir leider entfallen), schließt er sinngemäß mit den Worten, dass ihn dieses Abenteuer vllt. das Leben kosten wird. Er war darauf vorbereitet. Hat sich bewusst darauf eingelassen. Er war kein Volltrottel, der dachte, er marschiert nach Alaska, überlebt da nen paar Jahrzehnte, um dann "Friede Freude Eierkuchen"-mäßig in die Zivilisation zurückzukehren.

Und mit Sicherheit war sein Handeln egoistisch. Doch er schränkte damit niemanden ein, es war sein persönlicher Wille und sein gutes Recht.
Antwort auf: Herr Tod
Ich meine klar, theoretisch ist so gut wie alles realisierbar. Aber wenn du so denkst, wirst du deine Träume niemals verwirklichen können, da du Dinge erzwingen willst, die mit bloßem Willen nicht machbar sind.

Sicherlich richtig. Doch selbst wenn die eigenen Träume Utopien sind und man trotzdem an der Verwirklichung festhält, letztlich vllt. sogar scheitert, so hat man auf dem Weg dahin (wie bei McCandless) Dinge erlebt, die anderen verschlossen bleiben. Und schlussendlich kann man behaupten, für seine Träume gekämpft zu haben.
Du scheinst diese Kompromisslosigkeit nicht sonderlich zu schätzen, aber ich bin der Meinung, dass wenn man etwas wirklich will, es auch erreichen kann. Und wenn nicht, dann nicht. Aber man hat es versucht. Wer tiefe, innerliche Wünsche erst mit der realistischen Situation abgleicht und sich arrangiert, der wird vielleicht eher zum Ziel kommen, aber nicht glücklicher sein, da er sich bewusst ist, dass er vielleicht mutwillig etwas verpasst hat.
Antwort auf: Herr Tod
Eben weil er so unnötig auf der extremen Schiene gefahren ist, das kritisiere ich hier. Nicht den Grundgedanken, sondern das Radikale.

Ich sympathisiere gerade deswegen mit seiner charakterlichen Art. Entweder richtig oder gar nicht. Halbherzigkeit endet vielleicht nicht mit dem Tod, aber auch nicht mit einem dermaßen intensiven Leben, wie es McCandless genießen durfte.

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442697 - 30.04.2012, 21:45:31
chrixix

Registriert: 25.10.2005
Beiträge: 12.620
Zitat:
Es sind doch immer wieder nur die Konventionen und der gesellschaftliche Zwang, sich an Institutionen zu binden, die einen nur an der Verwirklichung seiner Träume hindern.

Nagut, dann ganz einfach: Wer hindert dich genau an was?

Zitat:
Zu nennen sind hier primär Eltern, deren und letztlich auch die staatliche Erziehung, die logischerweise auf eine optimale Eingliederung in die Gesellschaft abzielt.

Dem Elternhaus entkommt man aber eigentlich ganz leicht. So spalten sich beispielsweise atheistisch oder agnostisch neigende Kinder meist sehr einfach vom Weltbild der Eltern ab, weil sie früher oder später erkennen, dass es da einen entscheidenden Unterschied zwischen den Weltbildern gibt.
Eine Erziehung "genießen" muss jeder von uns, daran kann kein Idealismus was ändern. Du wirst, wenn du mal Kinder hast, sie auch erziehen und nicht den Wölfen vorwerfen (das wäre nämlich auch Erziehung). Alles was einem als Kind geschieht ist Erziehung.

Zitat:
Und die Menschen vernachlässigen mit der Zeit ihre echten Ziele, schieben sie auf, weil sie denken, sie würdens dann später vllt. nochmal machen (Quatsch) oder sie überbewerten dann im Alter die Meinungen anderer Menschen (OMG, die Nachbarn). Sie passen sich an, verfallen dem Alltagstrott und die einzige Quelle neuer Erfahrungen sind die RTL II News.

Ja, lass die Menschen doch Menschen sein, was hat das mit dir und deinem (in dem Fall) Idealismus zu tun? Du kannst dein Leben wie du es dir erträumst (kein negativer Unterton) leben, wer hindert dich daran? Wenn du einmal begriffen hast, dass du ein Ideal hast, wer soll dich dann davon abbringen?

Zitat:
Ich weiß, ich schweife ein wenig ab, aber das ist meiner Auffassung nach das Kernproblem. Der fehlende Idealismus, die Ignoranz höherer Ideale und der platte Realismus, sich "eben anzupassen".

Hier sehe ich persönlich aber einen Fehler in der Logik. Nur weil ich einem Ideal nicht folge, mich beispielsweise nicht nach Alaska verfrachte und dort in einer Hütte lebe, heißt das nicht dass ich mich der Gesellschaft anpasse oder der Gesellschaft angepasst werde. Nur weil man das eine Extrem nicht wählt, landet man nicht gleich im anderen Extrem.
"Wenn du heute nicht Mitglied unserer Punkband wirst, bist du morgen Angestellter bei der Bank"


Zitat:
Wünsche sollte man aber nicht anpassen.

Ich glaube, das ist nicht möglich. Wünsche anpassen ist für mich ein Widerspruch. Einen Wunsch habe ich oder habe ich nicht, da gibts nichts dran zu rütteln. Wünsche passen sich von selber an. Man reift, die Lebenssituation ändert sich so oft im Leben, vor allem wenn man noch jung ist. Ein Wunsch den du heute hast, - wie sicher kannst du sein, dass du ihn in 12 Monaten noch hast? Beispielsweise kann ein Abiturient (ich nehme an, du bist einer?) jetzt einen Wunsch haben, den er aber um 180° geändert hat, sobald er ein ganzes Jahr studiert hat (d.h. potenziell du in einem Jahr). Wie kannst du versichern, dass das nicht passieren wird?


Zitat:
Und selbst wenn man auf dem Weg scheitert, wie McCandless: Er hat viel neues erlebt, unglaubliche Menschen kennengelernt und mit seinen 24 Jahren wahrscheinlich ein erfüllteres Leben gelebt, als viele andere Menschen.

Dazu kann ich nur auf die Antwort von Herr Tod verweisen, dessen Antwortbeitrag ich im Übrigen auch in (fast?) jeden Satz zustimmen kann.


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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442703 - 30.04.2012, 21:56:06
Herr Tod
Nicht registriert


Antwort auf: Ringu

Das "eisern" war in dem Zusammenhang überzogen, ich wollte nur verdeutlichen, warum er sich keine aktuelle Karte zulegte.


Ich weiß, aber das begründet es ja dann nicht. Wenn er für eine Karte war, sich aber die falsche geholt war, dann war es doch wieder Dummheit statt Überzeugung.

Antwort auf: Ringu
Warum etwas verbessern, was man aus Prinzip ablehnt? McCandless wollte die totale Freiheit, keine Zwänge, keine Verpflichtungen. Das bietet eine Gesellschaft einfach nicht, kann sie auch gar nicht, weil sie sich sonst selbst unterminieren würde.


Wollte er denn Einsamkeit oder hat er sie nur gewählt, weil er die Werte, die ihm wichtig waren, in der Gesellschaft nicht gefunden hat? Falls nämlich zweiteres, wäre Einsamkeit gar nicht nötig gewesen, hätte er daran gearbeitet, diese Werte der Gesellschaft zu vermitteln.

Antwort auf: Ringu
Ihm lag etwas an Menschen, jedoch nicht am System. Ich muss der Gesellschaft nicht nutzen. Sie will mich dazu erziehen, aber ob ich das annehme oder nicht, ist meine Entscheidung. McCandless hat sich für die Variante entschieden, die ihm einen einsamen Weg bescheren wird. Wobei er sich nicht einsam fühlte. Und wenn, dann genoss er es, denn die Beziehung zur Natur genügte ihm (er schätzte natürlich auch menschliche Gesellschaft, jedoch nur in Maßen; er wollte sich nicht binden).


Auch wieder die Frage, warum er sich nicht binden wollte. Ob tatsächlich aus fester Überzeugung oder z.B. aus Angst vor Enttäuschung, soziale Unfähigkeit etc.

Antwort auf: Ringu
Mit dem Tod hat er außerdem kalkuliert. In seinem letzten Brief an den Getreidefarmer, bei dem über über die Sommermonate angestellt war (Name ist mir leider entfallen), schließt er sinngemäß mit den Worten, dass ihn dieses Abenteuer vllt. das Leben kosten wird.


Schon klar. Soldaten, die in den Krieg ziehen, kalkulieren ihren Tod auch ein. Das bedeutet nicht, dass sie aus der Deckung springen und dem nächstbesten Taliban ihren blanken, unbewaffneten Hintern zeigen. Oder: Eine veraltete Karte nutzen, die sie direkt ins Feindesland führt.

Antwort auf: Ringu
Sicherlich richtig. Doch selbst wenn die eigenen Träume Utopien sind und man trotzdem an der Verwirklichung festhält, letztlich vllt. sogar scheitert, so hat man auf dem Weg dahin (wie bei McCandless) Dinge erlebt, die anderen verschlossen bleiben. Und schlussendlich kann man behaupten, für seine Träume gekämpft zu haben.


Die Dinge, die er erlebt hat, hätte er auch erleben können, ohne dabei abzukratzen.


Antwort auf: Ringu
Du scheinst diese Kompromisslosigkeit nicht sonderlich zu schätzen, aber ich bin der Meinung, dass wenn man etwas wirklich will, es auch erreichen kann. Und wenn nicht, dann nicht. Aber man hat es versucht. Wer tiefe, innerliche Wünsche erst mit der realistischen Situation abgleicht und sich arrangiert, der wird vielleicht eher zum Ziel kommen, aber nicht glücklicher sein, da er sich bewusst ist, dass er vielleicht mutwillig etwas verpasst hat.


Gut, da sind wir dann einfach unterschiedlicher Ansicht, da ich der Meinung bin, dass man eindeutig mehr davon hat, wenn man seine Ziele kompromisvoll löst, anstatt früh aber kompromislos scheitert. Und für mich hat Kompromisbereitschaft auch nicht zwingend etwas mit Halbherzigkeit zu tun. Wenn ich z.B. als Sportler Weltmeister meiner Disziplin werden will, mich aber verletzt habe und aufgrund dieser Verletzung pausiere, um ein Karriereaus zu verhindern, den Titel nach der Pause aber dann trotzdem hole, habe ich ihn meines Erachtens nicht halbherzig geholt, sondern habe im Gegenteil noch Durchhaltevermögen gezeigt.

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442747 - 30.04.2012, 23:16:40
Ringu
Nicht registriert


Antwort auf: chrixix
Nagut, dann ganz einfach: Wer hindert dich genau an was?

Die Akzeptanz des gesellschaftlichen Lebens und allen dazugehörigen Werten (Schulbildung, später Uni, guter Job, dann Familie, etc. pp), die mir mit meiner Erziehung über Jahre mitgegeben wurde und mir inzwischen zur Gewohnheit geworden ist, hindert mich daran, meine Träume zu verwirklichen. Letztendlich steht sich der Mensch nur selbst im Wege, jedoch bedingt durch fremde Institutionen. Unser Weg, zumindest der anfängliche, ist stark vorgezeichnet und später im Alter finden wir uns mit unserer Situation ab.
Antwort auf: chrixix
Dem Elternhaus entkommt man aber eigentlich ganz leicht.[...]Alles was einem als Kind geschieht ist Erziehung.

Das Erziehung letztlich notwendig ist, ist mir doch bewusst. Dass sie dabei indoktrinierend wirkt, kann wohl auch kaum verhindert werden. Ich treffe hier auch gar keine normative Wertung, sondern stelle nur fest, das Erziehung ein Faktor ist, zunächst die elterliche, später dann auch die staatliche, die uns in die Gesellschaft integrieren soll. Und mit der Zeit akzeptieren wir unsere Rolle in einem Zusammenhang, aus dem wir aufgrund unserer Psyche nicht mehr ausbrechen wollen. Wir wagen nichts mehr, weil uns die Meinung fremder Menschen wichtiger ist, etc. pp. (Sagte ich bereits gegenüber Herr Tod).
Antwort auf: chrixix
Ja, lass die Menschen doch Menschen sein, was hat das mit dir und deinem (in dem Fall) Idealismus zu tun? Du kannst dein Leben wie du es dir erträumst (kein negativer Unterton) leben, wer hindert dich daran? Wenn du einmal begriffen hast, dass du ein Ideal hast, wer soll dich dann davon abbringen?

Ich verurteile andere Menschen doch gar nicht für das, was sie sind. Ich stelle lediglich fest, dass es oftmals genau so ist. Bevormunden will ich damit aber niemanden. Ich will auch niemandem seine Träume vorgeben, nur weil sie mir als Ideal erscheinen. Mir geht es in der Sache nur darum, das Menschen Träume haben, sie jedoch aufgrund nichtiger Gründe verwerfen. Was dann letztendlich ihre Träume sind, interessiert mich gar nicht.
Antwort auf: chrixix
Hier sehe ich persönlich aber einen Fehler in der Logik. Nur weil ich einem Ideal nicht folge, mich beispielsweise nicht nach Alaska verfrachte und dort in einer Hütte lebe, heißt das nicht dass ich mich der Gesellschaft anpasse oder der Gesellschaft angepasst werde. Nur weil man das eine Extrem nicht wählt, landet man nicht gleich im anderen Extrem.

Es geht nicht um ein Ideal. Es geht in meinem Fall um mein Ideal und in deinem Fall um dein Ideal. Und wenn du das nicht verwirklichst, unabhängig davon, was dieses Ideal jetzt konkret verkörpert, dann lebst du meiner Meinung nach angepasst. Nicht zwangsläufig an die Gesellschaft, aber du unterwirfst dich deiner psychischen Unfähigkeit, dich zu überwinden.
Antwort auf: chrixix
Ich glaube, das ist nicht möglich. Wünsche anpassen ist für mich ein Widerspruch. Einen Wunsch habe ich oder habe ich nicht, da gibts nichts dran zu rütteln. Wünsche passen sich von selber an. Man reift, die Lebenssituation ändert sich so oft im Leben, vor allem wenn man noch jung ist.

Ja, Wünsche hast du oder hast du nicht - ob du sie aber verwirklichst, ist die Quintessenz meiner Aussage. Sicherlich determinieren auch andere Umstände, wie die von dir beschriebenen, meine Träume und Wünsche: Aber es gibt Träume, die habe ich ein Leben lang, nach denen ich immer strebe, aber erfüllen tue ich sie nicht; weil ich Angst davor habe, etwas zurücklassen zu müssen, etwas zu verlieren, obwohl ich viel mehr gewinnen könnte. Es ist die Ungewissheit, die uns schreckt, dabei ist diese Angst unbegründet, denn ich glaube fest an den Grundsatz, den ich jetzt schon so oft verschriftlicht habe: Wenn du etwas willst, dann nimm es dir. Wenn du etwas wirklich willst, kannst du es erreichen.

Ein triviales Beispiel: Mein Vater will schon seit Ewigkeiten mal Fallschirmspringen. Macht er aber nicht. Es gibt ja immer so viel zu tun. Irgendetwas gibt es ja immer. Dann liegen die Termine wieder ungünstig, etc. pp. Er verschiebt es. Er verschiebt seinen Wunsch auf später, obwohl er ihn auch jetzt realisieren könnte. Und vielleicht wird er es nie tun.

Und ja - die Musik ist ausgezeichnet. Ich habe mir den Soundtrack auch gekauft.

Antwort auf: Herr Tod
Ich weiß, aber das begründet es ja dann nicht. Wenn er für eine Karte war, sich aber die falsche geholt war, dann war es doch wieder Dummheit statt Überzeugung.

Er hat sich eine Karte geholt, weil auf der die einzelnen Trails verzeichnet sind, Flüsse und Gebirge. Auch, um an einen Ort zu gelangen, wo möglichst viel Wild lebt, dementsprechend die Nahrungssituation befriedigend ist. Meine Meinung bzgl. alter und aktueller Karte brauche ich ja nicht zu wiederholen. Ob Dummheit oder Überzeugung - das wird wohl Ansichtssache bleiben.
Antwort auf: Herr Tod
Wollte er denn Einsamkeit oder hat er sie nur gewählt, weil er die Werte, die ihm wichtig waren, in der Gesellschaft nicht gefunden hat? Falls nämlich zweiteres, wäre Einsamkeit gar nicht nötig gewesen, hätte er daran gearbeitet, diese Werte der Gesellschaft zu vermitteln.

McCandless hat die Gesellschaft und die Zivilisation im Ganzen prinzipiell negiert, weil er nach absoluter Freiheit strebte. Das war der Hauptinhalt seines Idealismus. Freiheit. Grenzenlose Freiheit.Und wie bereits gesagt, kann ihm die keine Gesellschaft der Welt bieten.
Antwort auf: Herr Tod
Auch wieder die Frage, warum er sich nicht binden wollte. Ob tatsächlich aus fester Überzeugung oder z.B. aus Angst vor Enttäuschung, soziale Unfähigkeit etc.

Er wollte sich nicht binden (nach eigenen Angaben, ich berufe mich hier auf seine Tagebücher), weil menschliche Beziehungen einen festhalten, im Extremfall an einem bestimmten Ort. Und er wollte immer wechselnde Horizonte. Jeden Tag einen neuen Himmel, jeden Tag eine neue Sonne. Und ich zitierte ja bereits den Spruch, der zum Inhalt hatte, dass alles in unserer Umgebung eine Glücksquelle sein kann und wir uns zu sehr auf den Menschen fixieren. Das heißt aber nicht, dass er keine Freunde hatte. Er lernte auf seiner Reise diverse Menschen kennen und mit vielen unterhielt er eine relativ konstante Brieffreundschaft.
Antwort auf: Herr Tod
Schon klar. Soldaten, die in den Krieg ziehen, kalkulieren ihren Tod auch ein. Das bedeutet nicht, dass sie aus der Deckung springen und dem nächstbesten Taliban ihren blanken, unbewaffneten Hintern zeigen. Oder: Eine veraltete Karte nutzen, die sie direkt ins Feindesland führt.

Der Soldat will auch nicht ins Feindesland, weil er sich selbst, die totale Freiheit und die Beziehung zur Wildnis sucht, sondern weil er auf Befehl dort stationiert wird.
Antwort auf: Herr Tod
Die Dinge, die er erlebt hat, hätte er auch erleben können, ohne dabei abzukratzen.

Habe nichts Gegenteiliges behauptet.
Antwort auf: Herr Tod
Wenn ich z.B. als Sportler Weltmeister meiner Disziplin werden will, mich aber verletzt habe und aufgrund dieser Verletzung pausiere, um ein Karriereaus zu verhindern, den Titel nach der Pause aber dann trotzdem hole, habe ich ihn meines Erachtens nicht halbherzig geholt, sondern habe im Gegenteil noch Durchhaltevermögen gezeigt.

Das hat für mich nichts mit Kompromissen und /oder Halbherzigkeit zu tun. Denn er erreicht seinen Titel ja. Er verwirklicht seinen Traum ohne Abstriche zu machen. Das Beispiel finde ich im Allgemeinen aber irgendwie unpassend, weil es sich nicht ohne Weiteres auf den vorliegenden Fall projizieren lässt.

Ich meine mit Kompromissen in dem Fall, dass ich z.B. ein Leben wie McCandless anstrebe bzw. den Traum habe, aber mich nicht dazu überwinden kann. Ich will mein Leben nicht riskieren. Statt also alleine und autark durch Alaska zu reisen, schließe ich mich einer Gruppe mit professionellem Führer an. Praktisch eine Art Survival-Trip. Das wäre z.B. halbherzig. Ich wandle meinen Traum ab, weil ich glaube, nicht fähig zu sein, ihn umzusetzen. Erfüllen wird mich das aber nicht, denn mir wird immer bewusst sein, nicht alles gegeben zu haben, irgendwie "eine Abkürzung" genommen zu haben.

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2442911 - 01.05.2012, 13:29:32
Herr Tod
Nicht registriert


Antwort auf: Ringu
Er hat sich eine Karte geholt, weil auf der die einzelnen Trails verzeichnet sind, Flüsse und Gebirge. Auch, um an einen Ort zu gelangen, wo möglichst viel Wild lebt, dementsprechend die Nahrungssituation befriedigend ist. Meine Meinung bzgl. alter und aktueller Karte brauche ich ja nicht zu wiederholen. Ob Dummheit oder Überzeugung - das wird wohl Ansichtssache bleiben.


Was wieder bedeutet, dass er durchaus auf materielles zurückgegriffen hat. Überzeugung wäre es lediglich dann, wenn er sich ganz bewusst für eine alte Karte entschieden hat, um dort lediglich die ihm wichtigen Punkte vorzufinden.

Antwort auf: Ringu
Der Soldat will auch nicht ins Feindesland, weil er sich selbst, die totale Freiheit und die Beziehung zur Wildnis sucht, sondern weil er auf Befehl dort stationiert wird.


Es kann genauso gut angenommen, dass er ein Freiwilliger aus vollster Überzeugung ist und dort die totale Freiheit sucht, die er durch die Taliban bedroht sieht.


Antwort auf: Ringu
Antwort auf: Herr Tod
Die Dinge, die er erlebt hat, hätte er auch erleben können, ohne dabei abzukratzen.

Habe nichts Gegenteiliges behauptet.


Die Aussage zielte darauf, dass der Preis für dieses Leben völlig unnötig gegeben wurde. Er hätte dafür überhaupt nicht mit dem Leben bezahlen müssen, er hätte seinen Idealen treu bleiben und trotzdem weiterleben können.

Antwort auf: Ringu
Das hat für mich nichts mit Kompromissen und /oder Halbherzigkeit zu tun. Denn er erreicht seinen Titel ja. Er verwirklicht seinen Traum ohne Abstriche zu machen. Das Beispiel finde ich im Allgemeinen aber irgendwie unpassend, weil es sich nicht ohne Weiteres auf den vorliegenden Fall projizieren lässt.


Er erhält den Titel, aber später, als er ihn will. Er geht demnach durch die Verschiebung einen zeitlichen Kompromiss ein.

Antwort auf: Ringu
Ich meine mit Kompromissen in dem Fall, dass ich z.B. ein Leben wie McCandless anstrebe bzw. den Traum habe, aber mich nicht dazu überwinden kann. Ich will mein Leben nicht riskieren. Statt also alleine und autark durch Alaska zu reisen, schließe ich mich einer Gruppe mit professionellem Führer an. Praktisch eine Art Survival-Trip. Das wäre z.B. halbherzig. Ich wandle meinen Traum ab, weil ich glaube, nicht fähig zu sein, ihn umzusetzen. Erfüllen wird mich das aber nicht, denn mir wird immer bewusst sein, nicht alles gegeben zu haben, irgendwie "eine Abkürzung" genommen zu haben.


Meiner Meinung nach ist es reine Utopie, einen Traum vollkommen unverändert leben zu können. Und das hat meiner Meinung nach auch nichts mit mangelndem Selbstvertrauen zu tun, sondern mit realistischer Einschätzung der Lage. Bei dir klingt es immer so, als wäre es möglich, wenn man sich nur ganz extrem darum bemühen würde. Ich stimme dir wie gesagt zu, dass in den allermeisten Fällen sehr viel mehr möglich wäre, würde man sich extremer um seine Träume bemühen. Aber was nicht geht, das geht nicht, der Mensch hat Grenzen und diese Grenzen nicht akzeptieren zu können, nicht akzeptieren zu können, dass die Erfüllung eines Traums in dieser Form einfach nicht möglich ist, das verleitet Leute wie McCandless dazu, solch ein Ende zu finden.

Ich denke aber, die ganze Diskussion lässt sich auf einen wesentlichen Punkt bündeln: Lebt man seinen Traum

a) kompromissvoll, in umgewandelter Form also

oder

b) kompromisslos, nach starrem Vorbild, nicht mit weniger zufrieden gebend.

Beide Varianten haben Vor- und Nachteile, es ist eben die Frage, ob Zeit für denjenigen eine Rolle spielt, denn meistens ist Variante b) zwar intensiver, dafür allerdings, wie das Beispiel hier sehr schön zeigt, oft extrem kurzweilig, wenn nicht sogar in den meisten Fällen vollkommen zum Scheitern verurteilt.

Und ich bin mir nicht sicher, ob McCandless nicht doch gescheitert ist. Sicher könnte man wie Ringu sagen, er habe sein Ziel erreicht. Ich zweifle aber ehrlich gesagt daran, ob McCandless das selbst auch so sah. Für mich klingt seine Reise nämlich schon sehr nach Kompromissen. Ringu hat selbst die Widersprüche angesprochen, die Karte, das Gewehr usw. Ebenfalls heißt es bei Wikipedia:

Antwort auf: Wiki
Er ging jedoch in keine „echte“ Wildnis. Ein Mitnehmer setzte ihn an der Straße Anchorage-Fairbanks westlich von Healy ab, am Ende der befahrbaren Straße auf dem Stampede Trail, einem alten, schon fast in der Landschaft verschwundenen Weg, der in einer Aussparung des nördlichen Denali-Nationalparks, einer rechteckigen Einbuchtung der Parkgrenzen, endet. [...] Für ihn war es die erhoffte Wildnis, auf drei Seiten in einiger Entfernung vom Nationalpark umgeben, ohne den nur 30 km entfernten Highway zu beachten, und ebenso ignorierte er das vier Tagesmärsche entfernte Dorf Healy.


Ebenfalls stellt sich die Frage, ob diese kurze Zeit wirklich Leben war oder ob es mehr ein allmähliches Verhungern war, McCandless sich also nicht, wie beabsichtigt, selbst ernähren konnte. Das würde bedeuten, dass sein Traum eben nicht kurzweilig funktionierte, sondern es quasi nur ein ausgedehntes Scheitern war. Und ich frage mich, ob ihm das nicht bewusst war, er es einfach nur verdrängte. Ich glaube nämlich nicht, dass es sein Traum war, in der "Wildnis", ein paar Kilometer vom Highway und von Zivilisation, langsam zu verhungern. Das nehme ich weder seinem Tagebuch noch seinen Bewunderern ab.

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Re: "Into the wild" - Die Suche nach dem Glück [Re: ] - #2443641 - 02.05.2012, 19:49:35
Ringu
Nicht registriert


Zitat:
Überzeugung wäre es lediglich dann, wenn er sich ganz bewusst für eine alte Karte entschieden hat, um dort lediglich die ihm wichtigen Punkte vorzufinden.

Was ja meiner persönlichen Ansicht entspricht.
Zitat:
Es kann genauso gut angenommen, dass er ein Freiwilliger aus vollster Überzeugung ist und dort die totale Freiheit sucht, die er durch die Taliban bedroht sieht.

Nun, er sucht dort aber nicht die Freiheit, er will sie gewährleisten. Aber lassen wir das mal, denn deine Meinung war ja, dass er sinnlos gestorben ist. Ich würde das nicht so behaupten, denn er hat sich ja nicht auch blindlings einfach in die Natur geworfen und sterben wollte er auch nicht. Er hat bloß nicht das Risiko ausgeschlossen respektive genossen, denn erst die Gefahr des Todes ohne jegliche Garantie auf Rettung machte für ihn das Leben in der Wildnis aus. Würde dies aber fehlen, wäre die Intensität des Erlebens der Situation gar nicht mehr gegeben.
Zitat:
Aber was nicht geht, das geht nicht, der Mensch hat Grenzen und diese Grenzen nicht akzeptieren zu können, nicht akzeptieren zu können, dass die Erfüllung eines Traums in dieser Form einfach nicht möglich ist, das verleitet Leute wie McCandless dazu, solch ein Ende zu finden.

Aber es war sein persönlicher Traum und hätte er ihn anders gelebt, wäre er vielleicht nicht glücklich gewesen. Ich sage es gern noch einmal: Sein Ziel mag er verfehlt haben, denn er wollte ja überleben, dass ist klar; aber auf dem Weg dahin war er glücklich. Er hat seinen Idealen genügt, sich selbst bewiesen.
Zitat:
Ebenfalls stellt sich die Frage, ob diese kurze Zeit wirklich Leben war oder ob es mehr ein allmähliches Verhungern war, [...]

Seine Phase in Alaska war immer von Hochs und Tiefs gekennzeichnet. Mal gab es mehr zu essen, mal weniger. Mal war er melancholisch, mal überglücklich. Halt wie im Leben, nur wesentlich fundamentaler auf die Grundbedürfnisse bezogen. Verhungert ist er ja erst zum Schluss nach seiner Vergiftung.
Zitat:
Und ich frage mich, ob ihm das nicht bewusst war, er es einfach nur verdrängte. Ich glaube nämlich nicht, dass es sein Traum war, in der "Wildnis", ein paar Kilometer vom Highway und von Zivilisation, langsam zu verhungern. Das nehme ich weder seinem Tagebuch noch seinen Bewunderern ab.

Was ja letztlich unerheblich ist, denn der Mensch schafft sich ja gewissermaßen seine eigene Realität. Er ignoriert andere Umstände, die ihn unglücklich machen könnte. dadurch lebt er vielleicht angenehmer. Warum auch nicht. McCandless tat das partiell, indem er sich (zumindest meiner Meinung nach) keine aktuelle Karte zulegte. Die Natur, die er vorfand, war ja nun auch nicht zivilisiert. Immerhin wars Wildnis genug, um ihn umzubringen.

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