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Fazination (er-)Leben! ***** - #2360304 - 06.12.2011, 18:11:02
Grabroiber
Nicht registriert


Hallo,

dieser Thread soll eine Art Sammelthread werden für Außergewöhnliche Überlebens- und Forpflanzungstechniken sämtlicher uns bekannten Lebewesen. Wobei die Defintion für ein Lebewesen in diesem Fall sehr weit gefasst ist und in diesem Zusammenhang jegliche Form von Leben beinhaltet. Wir unterscheiden nicht zwischen Tieren und Pflanzen, für uns lebt alles was nachweislich aus mindestens einer Zelle besteht.

Wann immer ihr Berichte seht oder lest in dem Lebensformen vorgestellt werden die eure Fazination weckten, zögert nicht und teilt diese mit uns. Lasst uns gemeinsam die Vielfalt und Einzigartigkeit der Natur erkunden.

An dieser Stelle mache ich einfach mal den Anfang und ich möchte euch den Parasit "Xenom Vesparum":

Antwort auf: arthropods.de


Der Wirt:
[img]http://s7.directupload.net/images/111206/vmecy8da.jpg[/img]
Obwohl Wespen wehrhafte Tiere sind, haben sie viele Feinde, gegen die ihr Stachel nichts ausrichten kann, vor allem in der Klasse der Insekten. Eine dieser Insektenordnungen hat der Wissenschaft lange Zeit Rätsel aufgegeben, weil sie nur sehr schwer in die systematische Hierarchie einzuordnen war: die Fächerflügler (Strepsiptera).

Bis heute sind ihre verwandtschaftlichen Beziehungen zu den anderen Ordnungen nicht restlos geklärt. Der Grund dafür ist ihr merkwürdiger Körperbau und der große Unterschied in Körperbau und Lebensweise zwischen Männchen und Weibchen.

Die Larven der Fächerflügler leben parasitisch bei verschiedenen Insektenarten. Die Art Xenos vesparum befällt die Feldwespen- Gattung Polistes. Ihre Larven heften sich am Hinterleib der Wespe fest. Wenn sie erwachsen sind, bleiben die Weibchen auf ihrem Wirt und ihre Kopfkapseln schauen zwischen seinen Hinterleibsringen hervor. Eine solche Wespe nennt man "stylopisiert". Die Bezeichnung wurde von der Fächerflügler-Gattung "Stylops" übernommen, die recht häufig vorkommt. Die Parasiten bewirken eine Schwächung und einen Leistungsabfall des befallenen Wirtes und vielfach auch Verhaltensänderungen.

Das Weibchen:
[img]http://s14.directupload.net/images/111206/hq5gtxbh.jpg[/img]
Die Weibchen besitzen einen weißlichen, sackförmigen Hinterleib, mit dem sie unter der Panzerung des Wirtes in seinem Körper festsitzen. Die dunkle, sichtbare Kapsel ist aus Kopf und Brust zusammengewachsen. Die Weibchen haben zwar einen Mund, aber keine Mundwerkzeuge, weiterhin fehlen Fühler und Augen sowie Beine und Flügel. Ihre Länge beträgt etwa 1 CM.

Der ganze Körperbau des weiblichen Tieres ist auf ein dauerhaftes parasitisches Leben in dem Wirt abgestimmt: sie braucht sich nicht zu bewegen, sich nicht zu ernähren und sich nicht zu schützen, daher benötigt sie kaum Sinnes- und keine Fortbewegungsorgane.

Ihre einzige Funktion ist die der Fortpflanzung. Dazu hat sie besondere Organe ausgebildet. Wenn sich eine weibliche Larve häutet, verbleibt die Haut bei den letzten beiden Malen auf dem weiblichen Tier. Sie bilden gegen ihren Körper einen nach vorne offenen Brutraum, in den sie bis zu 1.000 befruchtete Eizellen abgibt. Diese wachsen hier zu Larven heran und verlassen mit etwa 0,25 mm Größe den Brutraum, um vom Wirt auf Blüten getragen zu werden und dort wiederum andere Wirte zu befallen.

Das Männchen:
[img]http://s7.directupload.net/images/111206/u75iksc7.jpg[/img]
Seine Größe beträgt nur etwa 2 mm. Im Gegensatz zum Weibchen ist es freilebend. Seine Aufgabe ist es, ein Weibchen auf einer Feldwespe aufzusuchen und sich mit ihr zu paaren.

Demzufolge verfügt er über voll ausgebildete Sinnes- und Fortbewegungsorgane: Augen, Fühler, Beine und relativ große Flügel, die einen schnellen Flug erlauben und wie Fächer zusammengelegt werden können. Nur das hintere Flügelpaar ist ausgebildet, das vordere wurde im Verlauf der Evolution zu Schwingkölbchen-artigen Organen umgebildet, ähnlich wie das hintere Flügelpaar bei den Zweiflüglern.

Das Männchen hat nur schwach entwickelte Mundteile und nimmt im Verlauf seines kurzen Lebens keine Nahrung auf. Es lebt nur wenige Stunden. In dieser kurzen Zeit muss es ein Weibchen finden, um seine Lebensaufgabe zu erfüllen. Es wird von den durch die Kopfkapsel des Weibchens abgegebenen Duftstoffe angelockt.

Die Paarung:
[img]http://s14.directupload.net/images/111206/donrqblv.jpg[/img]
Bei der Paarung führt das Männchen seinen Penis in den Brutkanal des Weibchens, durchsticht dessen Wand und injiziert sein Sperma in die Leibeshöhle des Weibchens. Die Embryonen entwickeln sich in ihrer Leibeshöhle, die in die Bruthöhle wandern und diese bald verlassen.

Die nur etwa 1/4 mm kleinen Larven haben Punktaugen und Beine und können sich fortbewegen. Sie lassen sich in Blüten fallen, klammern sich hier an andere Wirte und lassen sich in ihre Nester tragen.

Hier bohren sie sich in eine Larve der Wirtswespe ein. Nun häutet sich die Parasitenlarve zum madenartigen Stadium.

Beine, Augen und Mundteile werden rückgebildet. Der Parasit wächst mit seinem Wirt, dessen Hauptorgane er allerdings weitestgehend schont, damit beide das Erwachsenenstadium erreichen können.

Somit wird eine Feldwespe bereits zusammen mit ihrem Parasiten "geboren". Wenn Königinnen befallen werden, können die Fächerflügler auch mit ihren Wirten überwintern.

Da der Wirt durch den Parasiten ziemlich stark geschwächt wird, kann er seine Lebensaufgaben meist nicht bewältigen. Beim Befall vieler Individuen eines Volkes kann der ganze Staat zusammenbrechen.


Ich freue mich auf viele spannenden Beiträge eurer seids.

Roiber.

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Re: Fazination (er-)Leben! [Re: ] - #2364524 - 15.12.2011, 14:20:34
Herr Tod
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Ich habe vor ein paar Wochen eine ehr interessante Doku über die Abwehrmechanismen von Pflanzen gelesen. Hier mal ein paar Beispiele, die ich im Netz gefunden habe:

Ulme ruft Verstärkung

Wieder andere Pflanzen wehren sich nicht aktiv, sondern rufen Hilfe herbei, wenn sie von Fraßfeinden angefallen werden. Beispielsweise die Ulme: Legt ein Ulmenblattkäfer seine Eier auf ihre Blätter, gibt der Baum chemische Substanzen an die Luft ab, die Erzwespen anlocken. Die machen sich dann über die Schädlinge her.

Walnussbaum mobbt andere Gewächse

So sorgt etwa der Walnussbaum dafür, dass in seinem Schatten nichts anderes wächst. In seinen Blättern befindet sich Hydrojuglon, eine zunächst einmal ungiftige Substanz. Fallen die Blätter jedoch auf den Boden, wird sie mit Hilfe von Mikroorganismen in das Gift Juglon umgewandelt, das sich im Boden anreichert. Ähnliche Strategien sind auch bei Eukalyptusbäumen bekannt.

Tabakpflanze vergiftet Schädlinge

Knabbern Säugetiere wie Kaninchen an den Blättern, so fährt die Pflanze ihre Nikotinproduktion als Antwort auf auf diese Schädlinge rapide hoch.


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Wespen fremdsteuern? ... - #2376054 - 04.01.2012, 15:19:18
x Crazii Emoticon
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Hallo, habe diesen Artikel online gefunden, und wollte fragen, was ihr davon haltet.

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Re: Wespen fremdsteuern? ... [Re: ] - #2376548 - 05.01.2012, 06:57:13
MindChaoz
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Interessanes Phänomen.

Sicherlich ist es interessant, herauszufinden, wie die Parasiten es schaffen, die Wespen derart zu manipulieren.
Habe ich das nun richtig verstanden, dass die weiblichen Wespen letztendlich die Eier der Parasiten legen? Was passiert dann mit ihnen? Leben sie weiterhin mit dem Parasit, bis dieser stirbt, oder sterben sie selbst nach Eiablage?

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Re: Wespen fremdsteuern? ... [Re: ] - #2376605 - 05.01.2012, 10:35:35
Grabroiber
Nicht registriert


Hi,

eine Erklärung dazu findet ihr bereits hier.

Roiber.

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